Marvel präsentiert mit Black Panther einen schwarzen Superhelden – und hat damit einen Riesen-Hype ausgelöst. Doch viel wichtiger: Kann der Film selbst überzeugen?
Man muss sich das im Grunde auf der Zunge zergehen lassen: Da gibt es ein Land in Afrika namens Wakanda. Das Land besitzt nicht nur eine geleckte Architektur, sondern auch eine Technologie, die irgendwie aus der Zukunft rübergebeamt wirkt. Doch so fortschrittlich das alles anmutet: Die Menschen dort leben in einer ritualisierten Monarchie mit einem besseren Kasten-, also Stammessystem mit fest zugeordneten Rollen. Oben drüber sitzt ein weiser und allmächtiger König, der seine Königstauglichkeit aber per Faustkampf beweisen muss. Das Land betreibt Isolationismus, lässt weder (afrikanische) Flüchtlinge rein noch Hightech-Know-how raus. Und dann begrüßt man sich mit der leicht vorbelasteten Redewendung: „Wakanda über alles!“
Taugt solch ein Szenario, das Black Panther da aufmacht, wirklich als utopischer Sehnsuchtsort für eine schwarze Bevölkerung? Oder mal andersrum gefragt: Was wäre, wenn Wakanda nicht von einigen Black Power-Typen, sondern von einigen blonden Weißen mit kantigem Kinn bevölkert wäre? Genau. Das zeigt ziemlich gut die Ambivalenz, in der man sich plötzlich wiederfindet, wenn solch ein Streifen primär über die Hautfarbe von Cast und Crew diskutiert wird. Natürlich spricht man in Wakanda noch Xhosa, drunter macht man´s nicht. Auch wenn das jetzt vielleicht recht platt klingt: Es ist schön, dass es einen schwarzen Superhelden gibt. Aber muss das in einer aufgeklärten Welt überhaupt das Thema sein? Und am Rande: Hat bei dem ganzen Hype wirklich schon jeder den 20 Jahre alten Blade vergessen?
Viel Shakespeare, wenig Spaß…
Kommen wir mal vom Drumherum zum eigentlichen Film. Black Panther hat einige gute Ansätze. Es geht quasi um Intrigen und Verrat in blaublütigen Kreisen. Um Brudermord und Königstod. Um die Last des eigenen Erbes und die Verantwortung für die Zukunft. Holla, das hat schon beinahe was von Shakespeare – oder angesichts der bunt kostümierten Folklore wohl eher was vom König der Löwen. Das Problem ist nur: Black Panther nimmt sich viel zu ernst. Da hat es den jungen König mit Pflichtgefühl und Vaterkomplex, die progressive und technikbegeisterte kleine Schwester mit Wesley Crusher-Syndrom, die nonnengleiche Leibgardistin, die immer ernst guckt und vor Ehrgefühl beinahe platzt, der hasszerfressene Cousin, der sein ganzes Leben der Rache gewidmet hat…
Ganz nebenbei werden so fluffig-leichte Themen wie Kolonialismus und Flüchtlingskrise angeschnitten. Und natürlich auch – leicht verklausuliert – der Gegensatz zwischen Black Power-Bewegung und Civil Rights Movement. Was bei alldem auf der Strecke bleibt, sind der Spaß und ein bisschen Lebendigkeit.
Black Panther findet erst in der zweiten Hälfte seinen Rhythmus, nämlich sobald er sich auf seinen Kernkonflikt konzentriert. Und am Ende – also ganz am Ende – lässt der Film auch endlich den Knoten platzen: Wakanda gibt den Isolationismus auf und öffnet sich der Welt (mit einem netten Seitenhieb auf Trump). Es ist zwar lustig, dass dieses überragende Land dann nicht seinen direkten Nachbarn in den afrikanischen Slums hilft, sondern den Kids im amerikanischen Getto. Aber sei´s drum. Letztlich lässt Black Panther zwei Lesarten zu: Einerseits spendiert Marvel dem afroamerikanischen Publikum einen „eigenen“ Superhelden. Andererseits schießt das Studio dabei etwas übers Ziel hinaus. So wirkt dieser ethnisch aufgeladene Popcorn-Film auf mich leider irgendwie verlogen.
In Kürze: Sicherlich gut gemeinter, aber nicht unbedingt gut gemachter Superhelden-Film mit Ethno-Anstrich, dessen Hype von diversen Schwächen ablenkt. Etwas mehr Leichtigkeit und „ne Nummer kleiner“ hätten der Story gut getan.
Bewertung: 4 / 10