Freud und Leid können ja so nah beieinander liegen. Weather, das neue Album von Huey Lewis and the News, ist dafür ein gutes Beispiel. Darauf klingt die legendäre Band aus den 80ern so frisch wie damals…
Die erste gute Nachricht ist: Es geschehen noch Zeichen und Wunder – Huey Lewis and the News haben ein neues Album veröffentlicht! Die zweite gute Nachricht ist: Huey Lewis and the News klingen wie in den guten alten Zeiten. Tja, und die schlechte Nachricht ist: Das war es wohl mit Huey Lewis and the News. Weather, so der Name des Albums, besteht nur aus sieben Songs und geht nur eine knappe halbe Stunde. Das hat einen nicht sonderlich erfreulichen Grund: Bereits seit dem Jahr 2012 plante die Band locker ein neues Album ein, und im Jahr 2018 sollte es auch eigentlich so weit sein: Huey Lewis und seine Jungs befanden sich mitten in den Aufnahmen zu Weather. Doch schlug bei dem guten Huey eine Erkrankung des Innenohres, an der er seit den 80ern litt, voll durch. Der Lead-Sänger verlor zeitweise sein Hörvermögen und war nicht in der Lage, weitere Songs einzusingen.
Das ist schlimm und tragisch, und wenn man sich Weather aufmerksam anhört, dann macht es das nur noch schlimmer und tragischer. Denn Huey Lewis war bislang gleich doppelt gesegnet: Mit einer einzigartigen Stimme, die einfach perfekt nach Rock klingt. Und mit einer einzigartigen Band, die wie eine gut geschmierte Maschine jeden Song nach vorne getrieben hat. Beides klingt nun auf Weather, als seien die 80er Jahre und damit die Hochphase der Band erst gestern gewesen. Man merkt den sieben Songs an, dass Huey Lewis and the News sie in den zurückliegenden Jahren bereits live auf der Bühne geschliffen und perfektioniert haben. Da sitzt jeder Ton, da kommen die Bläsersätze messerscharf und da klingt Lewis‘ Stimme, als hätten die vergangenen 35 Jahre seit „Power of Love“ nie existiert. Das ist kein müder Abgesang einer gealterten Band, den man sich voller Nostalgie schönhört. Das klingt genauso vertraut wie frisch.
Mehr als einfach „nur Rock“
So ganz von ungefähr kommt die alte Frische nicht. Im Mittelpunkt der kurzen Songliste steht die erste Single: „Her Love is killin‘ me“. Und die hat Lewis mit seinen alten Weggefährten Johnny Colla und John Pierce schon vor 25 Jahren geschrieben. „Her Love is killin‘ me“ erinnert mit seiner Hookline und Lewis‘ perfektem Mundharmonika-Spiel locker an diverse große Hits der Band. Auch wenn der Song vielleicht etwas funkiger ausfällt und den Soli auf Gitarre und Mundhobel etwas mehr Raum einräumt, als das etwa noch bei „Power of Love“ der Fall gewesen war. Aber es wäre unfair, die Musik auf Weather andauernd mit dem Gewesenen zu vergleichen, und mag sie noch so sehr an früher erinnern. Die Botschaft ist doch: Wo Huey Lewis draufsteht, ist auch Huey Lewis drin, da sollten Ähnlichkeiten nicht verwundern. Wäre eher schlimm, wenn es sie nicht gäbe.
Weather klingt trotz seines limitierten Umfangs recht abwechslungsreich. Huey Lewis and the News waren ja nie „nur Rock“, sondern fühlten sich auch in dessen Umfeld recht wohl, ob das nun Rhythm and Blues, Boogie Woogie, Funk, Soul oder sogar ein Hauch von Reggae und Cajun war. So geht es hier ziemlich relaxt und smooth ins Album rein mit „While we’re young“, dem ersten Song, den Lewis für das Album schrieb. Inhaltlich ist das – der Titel verrät es – ein kleiner nostalgischer Rückblick, aber im Kontrast dazu klingt das Stück ziemlich frisch. Mit „I am there for you“ setzt es eine entspannte Beinahe-Ballade, bevor mit „Hurry Back Baby“ ein schöner souliger Stampfer mit Wimmer-Orgel und reichlich Blech folgt. Der Funk regiert dagegen bei „Remind me why I love you again“, das jedem Freund von fetzigen Bläsersätzen viel Freude bereiten sollte.
All die Jahre verlorene Zeit
Eine kleine Tradition beschreiben die restlichen beiden Songs des Albums. Denn mit ihnen erweist die Band gewissermaßen zwei Klassikern ihre Ehre. „Pretty Girls everywhere“ ist schlicht eine Cover-Version eines R&B-Songs von Eugene Church & the Fellows aus den späten 50ern. Und hätte sich insofern auch locker auf das News-Album Four Chords and several Years ago verirren können. Und „One of the Boys“ überrascht vielleicht nur auf den ersten Hörer: Die Band liefert da einen reinrassigen Country-Song ab, was nicht unbedingt typisch ist. Lewis schrieb das Stück einst für Willie Nelson und geizte dabei nicht mit der Steel Guitar und Honky Tonk-Rhythmus. Wenn man dann bedenkt, dass die News seinerzeit mit dem Honky Tonk Blues von Hank Williams einen ihrer ersten Hits landeten, ist der Song als Abschluss von Weather eigentlich nur logisch.
Mit Huey Lewis and the News war das in den vergangenen Jahren – oder soll man sagen: Jahrzehnten! – so eine Sache. Die Truppe machte sich bereits in den 90er Jahren schon erstaunlich rar. Aber nach dem Gyneth Paltrow-Film Duets mit Lewis in einer Hauptrolle und dem 2001er Album Plan B tat sich neun Jahre erst mal gar nichts mehr. Und 2010 gab es dann lediglich Soulsville, ein Cover-Album mit alten Stücken aus dem Fundus des legendären Plattenlabels Stax, das als solches nur leider nicht nach Huey Lewis and the News klang. Völlig unverständlich sagte Huey Lewis damals, dass die Leute nicht mehr unbedingt auf neues Material von ihm und seiner Band warten würden.
Zugegeben: Die News hatten Anfang der 90er trotz erfolgreicher Songs wie „Couple Days off“ oder „Hit me like a Hammer“ ihren Zenit überschritten. Aber wenn sich nun Weather in die Gehörgänge arbeitet und man bedenkt, dass Lewis wohl nie wieder vor dem Mikro stehen wird, dann wirken all die Jahre doch wie eine sträflichst verlorene Zeit.
In Kürze: Huey Lewis and the News lassen mit Weather noch einmal aufhorchen. Die sieben Songs auf dem Album klingen frisch und spielfreudig und erinnern als solche an alte glorreiche Zeiten. Das bereitet dem Hörer einfach viel Freude und eine gute Zeit. Schade nur, dass es sich aufgrund einer Erkrankung von Lewis nur um ein „Rumpf-Album“ handelt. Und um das wohl letzte Werk der Band.
Bewertung: 8 / 10