Das Feld der Popkultur-Hommagen ist doch seit Big Bang Theory und Kick-Ass eigentlich gut bestellt, oder? Die Serie Future Man zeigt, dass da noch mehr geht…
Update Mai 2020: Die dritte und letzte Staffel der Serie ist nun bei Amazon Prime verfügbar – und wir haben es zusammen mit Wolf, Tiger und Josh zu einem Ende gebracht. Kurzrezi zum Finale siehe unten.
Das kommt schon irgendwie bekannt vor, oder? Da hat es den adoleszenten Durchschnittsversager, der null soziale Kompetenzen besitzt, der aber eine Sache ziemlich gut beherrscht: ein Computerspiel. Quasi wie jeder einsam Pubertierende. Allerdings entpuppt sich das Computerspiel als besonderer Einfall eines Trüppchens Zeitreisender, um einen auserwählten Krieger zu finden, der die Zukunft retten soll. Also sagen wir es, wie es ist: Die Geschichte ist knapp 35 Jahre alt. The Last Starfighter hieß das Ganze mal. Was die Serie Future Man und ihre Macher allerdings nicht davon abhält, die bekannte Grundkonstellation für eine fröhlich überkandidelte und wild augenzwinkernde Reise durch Zeit und Popkultur zu nutzen. Irgendwo im Spannungsfeld zwischen Hommage und Parodie.
Bekanntlich hat jede Generation ihre eigene Geschichte – doch seit den 80ern scheint auch jede Generation irgendwie die Geschichten der 80er zu haben. Das Jahrzehnt fungiert für heutige Kreative und Filmschaffende quasi als der popkulturelle Urknall. Ein postmoderner Fundus, aus dem man sich allzu gerne bedient, um neues Futter für die Altersgenossen der Generation X zu bieten. Im Fall von Future Man haben sich nun Seth Rogen und Evan Goldberg – also das Splatter-Pointen-Duo hinter Preacher oder Das ist das Ende – des 80er Jahre-Themas angenommen. Und gleich als Warnung vorweg: Wer schon einmal in den Genuss der Rogen-Goldberg-Werke gekommen ist, der weiß, dass den beiden nichts Menschliche und vor allem nichts Körperflüssige fremd ist. Wer den Humor in Gänze goutieren will, der sollte besser schon Erfahrungen als Zivi oder in einer Notaufnahme gesammelt haben…
Mehr als nur Reißbrett
Future Man macht sich einen irrsinnigen Spaß daraus, eine Hülle von Zitaten zu zelebrieren von genanntem Last Starfighter bis zum Terminator, von Zurück in die Zukunft bis Top Gun und von Easy Rider bis Mad Max. Versetzt mit Blut, Schweiß und Sperma. Und die Überraschung: Es funktioniert. Das liegt zunächst mal daran, dass sich die Serie spätestens ab der dritten Folge von ihrer ursprünglichen, zugegeben recht reißbrettartigen Idee emanzipiert. Da dient die Story nicht nur als Aufhänger, um hier und dort mal wieder einen kleinen Verweis zur Freude der Nerds unterzubringen (Big Bang Theory lässt grüßen). Sondern da entwickelt sich vielmehr ein lustvolles Spiel mit den großen Vorbildern. Etwa wenn die Protagonisten in das Haus des „titanischen Talents“ James Cameron (viel talentierter als Steven Spielberg!) einbrechen, der dabei sehr liebevoll durch den Kakao gezogen wird.
Das größte Pfund, mit dem Future Man wuchern kann, sind ganz klar seine Figuren und deren Darsteller. Da wäre zunächst der Titelheld Josh Hutcherson, der mit Mut zur Selbstironie den Zeitreisenden wider Willen gibt. In den besten Momenten erinnert er sogar an einen gewissen Marty McFly. Bemerkenswert sind aber vor allem seine beiden kampfgestählten Begleiter aus der Zukunft. Starten die zunächst als ziemlich dumpfe John Connor-Variationen in die Serie, entwickeln sie schnell einen eigenen Charakter und eine reizvolle Beziehung zueinander. Eliza Coupe ist eine angenehm spröde Schönheit. Die ganz große Überraschung ist aber Derek Wilson, der im Laufe der Serie als postapokalyptischer Axtschwinger seine sensible Seite entdeckt und schauspielerisch mehr als einmal die Sau rauslässt. In manchen Szenen erinnert der Gute sogar an einen gewissen Ed O´Neill in seiner Paraderolle.
Ritt durch die Genres
Eine Extra-Nennung haben sich dabei Ed Begley jr. und die zauberhafte Glenne Headley (R.I.P.) in ihrer letzten Rolle verdient. Die beiden spielen das Elternpaar Futturman (sic!) sehr herzlich und sympathisch.
Future Man belässt es übrigens nicht einfach dabei, nur die großen Vorbilder zu zitieren. In einigen Folgen wechselt die Serie sogar in andere Genres. Da gibt es einen Schwarz-Weiß-Ausflug in die späten 40er. Oder eine hübsch schlüpfrige Screwball-Episode im Stil von Blind Date (oder anderen Boulevardkomödien). Ach, und nicht zu vergessen: Wer vorher noch nicht zufällig ein Fan des 80er Teenie-Idols Corey Hart gewesen ist, der wird es spätestens jetzt. Insgesamt als Popkultur-Parade wirklich eine sehr positive Überraschung – wohlgemerkt für diejenigen, die sich einen leicht infantilen Sinn für Humor bewahrt haben.
In Kürze: Zwischen Hommage und Parodie irrlichternde Popkultur-Parade. Die Macher Seth Rogen und Evan Goldberg können sich ihren Schweiß- und Sperma-Humor zwar nicht gänzlich verkneifen. Aber jenseits dessen gelingt ihnen eine liebevolle, geradezu herzliche Reise durch die Popkultur der 80er Jahre. Besondere Stärke der Serie: die Darsteller.
Bewertung: 8 / 10
Update: Auf der Suche nach dem Mindfuck – die dritte und finale Staffel
Ok, Staffel 3 gesehen und… äh… naja. Also, was man Future Man sicherlich nicht vorwerfen kann ist, dass sich die Serie nicht entwickelt hätte. Also irgendwie entwickelt jedenfalls. In der ersten Staffel musste man sich ja nur darauf einstellen, dass Seth Rogen und Gefolge halt einen kleinen Fetisch mit Körperflüssigkeiten haben und es für sensiblere Gemüter stellenweise etwas eklig werden könnte. Aber wenn man das akzeptierte, bekam man eine geradezu liebevolle Hommage auf diverse 80er Jahre Popkultur-Höhepunkte und in einer Folge sogar mal richtige Zurück in die Zukunft-Vibes zu spüren. Das Budget war nicht allzu hoch, aber reichte völlig aus für das, was man wollte und konnte.
Das Budget war nun in der dritten Staffel wohl so weit zusammengestrichen worden, dass sich Rogen & Co. gesagt haben: „Komm, die paar Dollar können wir auch verkoksen, der Rest wird einfach improvisiert.“ Soll heißen: Tiger, Wolf und Josh irrlichtern da irgendwo auf der grünen Wiese und im immergleichen Wald mit einem Minimum an Kulissen rum, geben Dialoge von sich, die zu 50 % Sinn ergeben, und folgen einer Handlung, die immerhin zu 10 % Sinn ergibt. Das kratzt verdammt scharf an verfilmtem Dadaismus vorbei, auf der Suche nach dem ultimativen Mindfuck, nur eben ohne eine Spur davon. Das alles ist schon recht lustig, was vor allem an den Figuren, den Schauspielern und dem innewohnenden Irrsinn liegt. Aber irgendwie fragt man sich doch auf halber Strecke, was einem der Dichter da eigentlich sagen möchte.
Gebt uns mehr Wolf!
Tjia, da man die erste Staffel kennt, weiß man, dass mehr drin gewesen wäre. Die beiden Pluspunkte sind definitiv, dass die Darsteller großartig sind (ich halte Derek Wilson ja für den legitimen Nachfolger von Ed O’Neill, und sein Wolf sollte ein Spin-off bekommen) und dass die ganze Sause einigermaßen zu einem Ende gebracht worden ist. Wohl außerdem ein Paradebeispiel dafür, dass man kein Geld braucht, wenn die Beteiligten mit ein bisschen Lust und Laune dabei sind (Josh Hutcherson hatte wohl richtig Spaß daran, die letzte Wurst zu geben). Aber selbst über diese acht finalen Episoden fällt das alles recht ermüdend aus und ist in der Form auch ein bisschen schade. Naja, wird trotzdem in guter Erinnerung bleiben. Ich habe danach erst mal wieder First Offense von Corey Hart aufgelegt – und Foreigner!
Bewertung: 6 / 10