Das Kind im Manne. Ein Spruch, der immer wieder Verwendung findet, um albernes Verhalten – was auch immer das sein mag – eines Erwachsenen zu umschreiben. Dabei ist es doch so natürlich, das Unbeschwertsein der Kindheit zurückzusehnen und für einen kurzen Moment wieder aufblitzen zu lassen.
Das hat auch Hollywood erkannt und bot schon so einige Filme mit Kindern, die über Nacht erwachsen werden. Prominentes Beispiel: Big mit Tom Hanks. In dieselbe Kerbe schlägt auch Shazam! (der eigentlich Captain Marvel heißt, aber dazu am Ende mehr), der neueste Streich aus dem Hause DC. Aber es steckt noch viel mehr in diesem kleinen Film.

Ein neuer Weg

Das Cinematic Universe von DC strauchelt. Dagegen kann man nichts einwenden. Allein die Gründe sieht jeder anders. Für die einen taugen die Filme einfach nichts, für andere ist eher das vorschnelle Eingreifen der Verantwortlichen schuld daran. Egal zu welcher Fraktion man gehört, ein Gutes hat diese Entwicklung gehabt: Bei Warner Brothers entschied man, sich nicht mehr ans übergreifende Universum zu klammern, sondern den Helden eigenständige Filme zu spendieren. Das fing bereits mit Wonder Woman an und gipfelte im gewaltigen Überraschungserfolg von Aquaman. Diese Regionen des Einspiels konnte Shazam! natürlich nie erreichen. Dafür ist der Film zu klein und unaufgeregt. Und das macht ihn so besonders.

Held wider Willen. Billy Batson wird eher durch Zufall zum Superhelden. Sein gutes Herz war es, warum der Magier Shazam ohn auswählte. Ein gutes Herz hat auch der Film.
Geschichte mit Herz

Auch wenn die Action im Film nicht zu kurz kommt, die Geschichte um Billy Batson und seine Pflegefamilie steht im Vordergrund. Man erfährt vom Verlust Billys und seiner Entwicklung zum rastlosen Teenie, der irgendwie nirgends ein Zuhause findet. Wir begleiten die Pflegefamilie und deren Versuche, Billy bei sich aufzunehmen und ihm einen Ort der Geborgenheit zu geben. Besonders Jack Dylan Grazer als Freddy ist dabei der heimliche Star des Films. Freddy ist ein Superhelden-Fan wie er im Buche steht. Da ist es nur logisch, dass Billy ihn als erstes aufsucht und um Hilfe bittet, nachdem er die Macht von Shazam erhalten hat.

Zu diesem Zeitpunkt nimmt der Film eine Wendung und präsentiert sich als waschechte Körpertauschkomödie im Superheldengewand – inklusive kleiner aber feiner Big-Hommage. Das Ausprobieren der Fähigkeiten und die Wirkung auf die Umwelt sorgen für einige Lacher und bereiten eine Menge Spaß. Hier zeigt sich eine weitere Stärke des Films: die Chemie zwischen den Darstellern. Während Grazer und Billy-Darsteller Asher Angel schon ganz gut harmonieren, ist besonders die Kombination Grazer und Zachary Levi als Shazam ein Glücksgriff. Levi ist die perfekte Inkarnation des Kindes im Manne und reißt mit seiner Spielfreude einfach jeden mit.

Schurken und Technik

Was wäre aber ein Superheld ohne Superschurke? Genau: nichts. Deshalb ist es nur verständlich, dass auch in Shazam! ein Schurke seinen diablischen Plan umsetzen will. In diesem Fall ist es Dr. Sivana – einer der bekanntesten Shazam-Schurken. Gespielt wird er von Mark Strong, der wie gewohnt sehr gute Arbeit abliefert. Allerdings gibt es hier auch einen Kritikpunkt. Während wir die Hintergrundgeschichte und Motivation Sivanas bereits zu Beginn des Films erfahren, gibt es danach lange Zeit nichts. Der Film konzentriert sich mehr auf Billy und seine Pflegefamilie und verliert den Antagonisten etwas aus den Augen (kleiner Gag am Rande). Wenn Sivana später wieder in ganzer Pracht auftritt, muss man sich als Zuschauer erst wieder eingewöhnen. Dieser Umstand macht den Film etwas unrund, auch wenn es im Endeffekt nur ein kleiner Makel ist.

Auf der technischen Seite kann der Film solides Handwerk bieten. Die Musik von Benjamin Wallfisch bietet ein schönes Heldenthema. Ansonsten geht sie im Film aber etwas unter. Wirklich hängen bleibt davon erst etwas, wenn man die Musik alleingestellt konsumiert. Die Effekte sind ebenso solide. Für solch eine kleine Produktion gehen sie vollkommen in Ordnung. Blockbuster-verwöhnte Augen werden aber mit Sicherheit etwas zu mäkeln haben. Die ein oder andere Green-Screen-Szene ist halt ersichtlich, und auch manche Kreatur hätte etwas länger rendern können. Dem Gesamteindruck schadet es aber nicht.

Vorlage und Soundtrack.
Benjamin Wallfisch komponierte einen schönen Score, der auf CD besonders Spaß macht. Der Comic-Run des New 52 diente als maßgebliche Inspiration für den Film. Die Pflegefamilie beispielsweise entstammt diesem.
Einzelfilme als Erfolgsrezept?

Noch einmal zurück zu dem neu eingeschlagenen Weg der Einzelfilme. Shazam! steht sehr gut für sich allein, bietet aber auch Unmengen an Verweisen auf weitere DC-Helden. Besonders Freddy ist ein Quell für nette Details. Ob Superman-T-Shirt, Batarang oder anderes Superhelden-Merchandise – irgendwas ist immer zu entdecken und macht die Welt des Films deutlich größer. Ein schönes Gefühl zu wissen, dass dort draußen die anderen Helden ihr Unwesen treiben, auch wenn man sie nicht zu Gesicht bekommt.

Sollte diese Ausrichtung beibehalten werden, also: Einzelfilme mit dezenten Verweisen auf den Rest des Universums, dann kann ich mir vorstellen, dass Warner / DC endlich ihren Weg gefunden haben, auch wenn ich dem von Zack Snyder begonnen Weg etwas hinterhertrauere. Verdient hätten sie es, denn ganz ohne Marvel-Bashing: DC hat einige der besten Superhelden und Schurken der Popkultur zu bieten. Da kann noch Großes auf uns zukommen. Auch wenn dieses Große in so einem kleinen Film wie Shazam! untergebracht ist.

In Kürze:  Shazam! ist ein deutlich kleinerer Superheldenfilm geworden. Dem Thema kommt es aber zu Gute, denn der Film trägt sein Herz am rechten Fleck und ist unglaublich witzig. Haudrauf-Action gibt es dann aber doch noch genug. Ein nicht perfekter, aber überaus unterhaltsamer Spaß, mit einem der ersten richtigen Superhelden überhaupt.
Bewertung: 8 / 10

Shazam!/ Darum geht´s:  Billy Batson ist auf der Suche nach seiner Mutter. Die verlor ihn vor vielen Jahren auf einem Jahrmarkt und ist seitdem verschwunden. Seine verzweifelte Suche bringt ihn immer wieder mit dem Gesetz in Berührung, und so ist es nicht verwunderlich, dass die Obrigkeiten ihn in eine Pflegefamilie stecken. Dieser bunte Haufen schließt Billy schnell ins Herz – vor allem sein „Pflege-Bruder“ Freddy. Einzig Billy tut sich schwer damit, sich in der Familie zu integrieren. Das ändert sich schlagartig, als er eines Nachts in den geheimen Tempel des Magiers Shazam gelotst wird und dessen Kräfte übernimmt. Der machtgierige Dr. Sivana hat nämlich die Sieben Todsünden entfesselt und muss gestoppt werden. Von nun an ist es Billys Aufgabe, die Welt und seine Familie zu retten. Als Captain Marvel, äh, Shazam!



Captain Marvel? Ja, Captain Marvel!


Unter dem Banner von Fawcett-Publications erblickte Captain Marvel 1939 das Licht der Welt. Die Geschichten des jungen Billy Batson, der zum Superhelden wurde, schlugen ein wie eine Bombe und überflügelten selbst solch erfolgreiche Helden wie Superman. Deshalb ist es sicherlich nicht verwunderlich, dass die Konkurrenz handeln musste. DC verklagte Fawcett, weil sie in Captain Marvel eine Kopie von Superman erkannten. Nach jahrelangem Hin und Her – inklusive Fawcetts Triumph, Spekulationen über verlorenes Copyright des Superman-Charakters und weiteren Wirrungen – gab Fawcett Publications nach. Die Verkaufszahlen sanken bereits gen Null, und man stellte die Produktion der Comics ein.


1972 lizensierte DC Captain Marvel von Fawcett und brachte den ersten Comic unter dem neuen Titel Shazam! heraus. Die Titeländerung hatte einen guten Grund. Marvel Comics hatte bereits fünf Jahre zuvor einen eigenen Character mit dem Namen Captain Marvel auf den Markt gebracht. Die Figur war also bereits etabliert, und nach kurzem, aber eindeutigem Schriftverkehr verwendete DC den neuen Titel Shazam! Und auch wenn es kompliziert klingt: Im Comic selbst behielt die Figur den Namen Captain Marvel. Wirklich prominent tauchte dieser aber nicht mehr auf, da weder auf Covern noch auf anderem Merchandise dieser Name verwendet werden durfte. Shazam, wenn auch fälschlicherweise, etablierte sich als Name der Figur. Erst mit der Einführung des New 52 Universums in den Jahren 2011 / 2012 änderte Geoff Johns den Namen von Captain Marvel in Shazam. Eine Rückkehr ist wohl ausgeschlossen.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert