Neben Robin Hood ist die Artus-Sage wohl die am meist verfilmte folkloristische Geschichte, die man finden kann. Unzählige Variationen und Herangehensweisen wurden bereits auf die Zuschauer losgelassen. Besonders ambitioniert war dabei John Boorman, der 1981 sein Fantasy-Epos Excalibur auf die Leinwand brachte.
Ambitionen über alles
Er hatte Großes vor. Nachdem seine Versuche, den Herrn der Ringe zu verfilmen, fehlschlugen, widmete sich Boorman einem anderen, nicht minder epischen Werk: der Artus-Legende. Während sich viele Verfilmungen des Stoffes auf bestimmte Teile der Geschichte konzentrierten, machte es sich Boorman leicht: Er verfilmte die gesamte Sage um König Artus, das Schwert Excalibur und die Ritter der Tafelrunde. Diese Herangehensweise erweist sich in meinen Augen als Fluch und als Segen.
Es ist natürlich ein nobles Anliegen, die Geschichte um den britischen König möglichst komplett zu erzählen. Viele vorherigen Verfilmungen schafften dies nur in stark gestraffter Form oder als Mini-Serie mit ausreichend Raum für all die Irrungen und Wirrungen rund um die Ritter der Tafelrunde. Andere wiederum pickten nur Elemente aus der Sage und zauberten einen abendfüllenden Film – oft mit voreiligen Versprechungen, weitere Teile der Artus-Legende in Fortsetzungen zu behandeln. Beinahe unnötig zu erwähnen, dass diese Fortsetzungen nie das Licht der Leinwand erblickten.
So muss man Boorman zu Gute halten, dass er keine Kompromisse einging und Aufstieg und Fall von Uther Pendragon und dessen Sohn Artus in allen wichtigen Stationen der Sage abbildete.
Excalibur – Die stumpfe Seite der Klinge
Dieser Umstand bietet aber auch sehr viel Angriffsfläche. Zugegeben, der Film bietet Unmengen an cleveren Schnitten, Überblendungen, Farbsymbolik und groß ausgestatteten Bildern. Für Filmenthusiasten ein Sammelsurium an eindrucksvollen Ideen. Allerdings macht all dies den Film auch zu einem guten Stück Arbeit. Die Erzählung wird holprig, einige Stationen der Sage werden im Schnelldurchlauf abgehandelt. An anderen verweilt der Film oftmals zu lang.
Auch tonal findet Boormans Verfilmung keine einheitliche Linie. Viele Szenen und Darsteller wirken wie fürs Theater inszeniert: große Gesten, laute Sprache und eine Gesichtsakrobatik, die Jim Carrey neidisch werden ließe. Ein Beispiel gefällig? Liam Neesons Gawain kämpft beim Mahl mit sich, wie er seinem König beibringen soll, dass Lancelot eine Affäre mit Artus´ Weib Guinevere hat. Was da alles in Neesons Gesicht vorgeht – unfreiwillige Komik trifft es hier am besten.
Der häufige Wechsel der Hauptfiguren sorgt zwar für Abwechslung, trägt aber genauso stark zur Unausgeglichenheit des Films bei. Der Prolog über den lüsternen Uther Pendragon, Parzivals Suche nach dem Gral, alles Stoffe, die anderen Filmemachern für einen eigenen Film gereicht hätten. Boorman packt sie rein und nimmt dem Film seinen Flow.
Excalibur – Die scharfe Seite der Klinge
Dennoch kann man dem Film seine Schauwerte nicht abstreiten. Die Ausstattung ist großartig, die Darstellerriege bietet einige damals unbekannte Gesichter auf, die heutzutage jedem Filmfreund gut bekannt sind. Helen Mirren etwa, die irgendwie immer ein Hingucker ist. Hinzu kommt der geschickte Einsatz der Musik: Vor allem Carl Orffs Carmina Burana wird prominent an zwei Stellen gespielt. Zum jeweils finalen Ritt der Könige – Uther und Artus – ertönt der Klassik-Klassiker und ermöglicht dem Zuschauer somit eine Vorahnung auf das, was noch kommen soll.
In Kürze: Excalibur ist ein ambitionierter Film, den man schon irgendwie gesehen haben sollte. In der Machart ohne Zweifel interessant, tolle Ausstattung und Ideen. Dennoch bleibt der schale Beigeschmack, dass es doch nicht so ganz rund läuft. Tempo, Tonalität und Darstellerleistungen weisen einige ärgerliche Ausreißer auf, die für Abzüge sorgen.
Bewertung: 7/10 (6 Punkte für den Film, 1 Extrapunkt für Helen Mirren)