Jazzmusiker trifft Boxer trifft Rennfahrer – und alle begeben sich mit einem Prog Rock-Keyboarder ins Fantasy-Reich. Am Ende fängt John Wayne ne Giraffe. Zeit für eine kleine Assoziationskette.
„Du redest wirr!“, würde meine Frau jetzt sagen. Aber ok, ich versuche, das mal ein bisschen genauer zu erklären. Vielleicht kennt das jemand… Nein, bestimmt kennt das jemand. Ich meine eine kleine multimediale Assoziationskette: Man sieht ein Bild, kommt auf ein Lied und landet schließlich vor einem Film. Ich meine damit nicht so etwas wie diese typische Szene, die sich gerne auf Stadtfesten oder in Live-Musik-Kneipen abspielt, wenn jemand mit 0,8 Promille aufwärts im Blut dem Künstler auf der Bühne zuruft: „Ey, do, spiema Samma of Sixtinein! Oda kennste Teim tu wonda?“ Oder so ähnlich. Ne, es geht mehr um den spontanen „Funken“ irgendwo im Hinterkopf, und dann ist man mindestens einen Vormittag mit Musik und Film beschäftigt. Der freien Assoziation sind keine Grenzen gesetzt. Naja, im vorliegenden Fall begab es sich, dass…
Station 1. Dave Brubeck oder: Jede Reise beginnt mit einem ersten… Foto…
Es war ein Mahl. Genauer: ein Frühstück. Wie jeden Morgen. Ich sitze am Küchentisch, schaufel unmotiviert mein Müsli in die Futterluke in der Erwartung, dass mir nachher im Büro irgendwer Ätzendes den Tag erschwert. In dieser freudigen Stimmung surfe ich also unmotiviert durchs Internet, und da stolpere ich – virtuell natürlich – über ein altes Schwarz-Weiß-Foto. Das zeigt einen Mann am Klavier. Mit Nerd-Brille und kurzärmeligem kariertem Hemd. Und in meinem schlaftrunkenen Hirn schreckt irgendwo eine Synapse aus ihren Träumen: Sofort habe ich eine Melodie im Ohr. Dave Brubeck – „Take Five“. Kennt vielleicht noch jemand aus dem Musikunterricht. Oder von Klavierübungen. Oder ganz einfach weil er Jazz mag. Habe ewig nicht mehr an das Ding gedacht.
Das soll sich spontan ändern. „Take Five“ wird mein Ohrwurm des Tages. Auf dem Weg zur Arbeit, im Büro, am Computer, während des Mittagessens und so weiter. Zwischendurch starte ich das Ding per Youtube auf dem Firmenrechner. Mit dem Ergebnis, dass auch die Kollegin im Nebenbüro für den Rest des Tages einen Ohrwurm hat (übrigens wollte ich das Lied am nächsten Tag wieder hören, da kam die… ähem… nette Kollegin mal eben rüber und ist eingeschritten). Das Besondere an „Take Five“, das vom Saxophonisten Paul Desmond geschrieben wurde, ist übrigens der Rhythmus: Das Stück ist im 5/4-Takt komponiert. Daher stammt auch – zum Teil – der Titel.
Lange Rede, kurzer Sinn: Dave Brubecks legendäres Album Time out von 1959, auf dem „Take Five“ vertreten ist, dreht seitdem ausdauernd seine Runden bei mir. Großartige Scheibe, die dieses Jahr also ihr 60-jähriges Jubiläum feiert. Dabei bin ich gar nicht mal so der übergroße Jazz-Fan. Aber das Album ist durchgehend harmonisch und laienhaft gesagt: sehr, sehr lässig. Kann man gut nebenbei weghören, klingt schön retro, swingt gut. Brubeck und seine Musiker experimentieren auf dem Album generell mit ungeraden Taktarten, und so findet sich gleich zu Beginn ein Stück im 9/8-Takt: „Blue Rondo a la Turk“. Doch Moment mal, das kenne ich doch irgendwoher…
Station 2. Emerson Lake & Palmer oder: Prog Rock und Jazz
Wieder mit einer bestimmten Melodie im Ohr krame ich meine alten CD-Bestände durch – die ich noch nicht gerippt und auf Festplatte archiviert habe. Ich habe eine Vermutung: Ein sehr prominenter Fan von Dave Brubeck war Keith Emerson. Den werden manche ebenfalls aus dem Musikunterricht kennen, und zwar aus den Kapiteln, in denen es um die Verschmelzung von Rockmusik und klassischer Musik ging (und ich meine nicht das SM-Album von Metallica). Anderen wird der Name etwas sagen, weil sie selbst mit der Musik aufgewachsen sind. Nämlich: der Musik von Emerson Lake & Palmer. Ja, da war mal was, oder?
Keith Emerson – genial, gefeiert, leider verstorben – war der Keyboarder und Mastermind der Band. Ich ziehe also selbstsicher das 1993er Album Live at the Royal Albert Hall aus dem Regal und finde „Blue Rondo a la Turk“ auf der Tracklist – nicht! Bin mir aber sicher, dass das das (wow, 3 „das“!) Album sein muss. Noch mal die Tracklist gecheckt, im Grunde kommt da nur ein Stück in Frage: „Finale (Medley)“. 14 Minuten lang. Fängt auch geil an mit einem Cover von „Fanfare for the Common Man“, also Aaron Copelands bekanntes Stück aus dem Jahr 1942. Emerson improvisiert dazu wild auf seinem Synthesizer und geht schließlich ab wie Marty McFly beim Schulabschlussball, sprich: bis das eigentliche Stück nicht mehr zu erkennen ist. Irgendwann bricht mal Leonard Bernsteins „America“ aus West Side Story von 1957 aus dem Klang-Konvolut hervor, dann Bachs „Toccata und Fuge in D-Moll“ aus dem frühen 18. Jahrhundert (das genaue Datum ist nicht bekannt)…
…und dann schließlich: Dave Brubecks „Blue Rondo a la Turk“. Stark elektronisch verfremdet, in Ansätzen gespielt. Bingo! Der „Hummelflug“ von Rimski-Korsakow aus den Jahren 1899 / 1900 ist übrigens auch noch Teil des Medleys. Naja, jedenfalls hatte Emerson das Brubeck-Stück bereits sehr früh in seiner Karriere als Basis für sein eigenes „Rondo“ genutzt, das später immer wieder in seinen Konzerten als Schlussnummer auftauchen sollte. Wie Emerson in der altehrwürdigen Royal Albert Hall zu dem Medley abgeht, ist aber noch immer eine Schau:
Und da ich schon die Meister Emerson (Keyboards, R.I.P.), Lake (Bass, R.I.P.) und Palmer (Drums) bei der Arbeit sehe, da erinnere ich mich an ein Foto, auf dem zwei der Herren noch recht jung waren und heute nur noch pseudocool wirken. Ich greife ein paar CDs weiter ins Regal.
Station 3. Three – zwei Musiker und noch einer
Three dürfte unter den Bands mit den besonders kreativen Namen wohl zu den kreativsten gehören (Achtung, Ironie!). Wie es zu dem Bandnamen kam? Nun, ich könnte jetzt den leicht angeheiterten mittelalten Musikfachmann in Lederweste am Tresen in der Kleinstadtkneipe geben und eine Menge über die Bandgeschichte von Emerson Lake & Palmer, von Asia, von GTR, über Drummer Robert Palmer, über Gitarrist Steve Howe, über die 80er im Allgemeinen und den Adult Oriented Rock (AOR) der Zeit im Speziellen, über Band-Trennungen, Band-Gründungen und Reunions erzählen. Aber ich kürze das mal ab: Three entstand als Zwischenprojekt in einer Trennungsphase von Emerson Lake & Palmer in den 80ern, weil sich der Emerson und der Lake nicht mehr sonderlich mochten.
Also holte man den Musiker Robert Berry an Bord und gründete 1987 ein Trio: Three. Während Emerson Lake & Palmer eher dem Prog Rock zuzurechnen gewesen waren, tendierten Three – wohl auch unter dem Einfluss von Robert Berry – eher zum AOR und waren deutlich melodischer und Chart-tauglicher unterwegs. Brachte aber nichts: Das Album war nicht sonderlich erfolgreich, und eine Tour verlief 1988 auch unbefriedigend. Also folgte die unvermeidliche Auflösung, und Berry nutzte die ursprünglichen Entwürfe für ein mögliches zweites Three-Album auf einer Solo-Scheibe namens Pilgrimage to a Point, die auch schon ewig im Regal steht.
Als ich nun nach vielen Jahren wieder in das Album To the Power of Three reinhörte, ergaben sich daraus zwei Dinge: 1. Ich schaute im Internet, was aus Berry geworden ist – und sah dabei, dass der Mann mal eben im vergangenen Jahr doch noch ein zweites Three-Album namens The Rules have changed herausgegeben hatte, auf dem sich auch noch musikalische Beiträge des verstorbenen Keith Emerson finden. Also gleich mal die Japan-Version mit Bonus-Track geordert. 2. Sofort beim ersten Stück „Talkin´ bout“ lässt Emerson seine Synths kreischen, und ich denke: Mensch, das hört sich doch an wie… wie… ja, wie Filmmusik!
Station 4. Vince DiCola und Robert Berry – So nah und doch so fern
Nun ja, wie dem auch sei, das Soundtrack-Album mit der Filmmusik von Rocky IV wandert in den Player – also das Album mit den Songs aus dem Film und den beiden Instrumental-Stücken „Training Montage“ und „War“ von DiCola. Genial. Ok, die beiden Dinger klingen so heroisch, pathetisch, ja geradezu hemmungslos naiv, wie das eigentlich nur in den 80ern möglich gewesen war. Aber eben genial. Auch wenn das damals nicht jeder so gesehen hat, immerhin wurde DiCola 1986 mit der Goldenen Himbeere für den schlechtesten Film-Score ausgezeichnet. Aber Sylvester Stallone war damals der Todfeind der „Razzies“ (übrigens nicht zu Unrecht), und das muss wohl auf die Musik abgefärbt haben. Im gleichen Jahr waren übrigens auch Jerry Goldsmith für den Score zum ersten Quatermain-Film und John Corigliano für den Score zum Historien-Epos Revolution nominiert. Also war DiCola in guter Gesellschaft.
Auf dem Album finden sich noch ein paar echt schmucke Songs. Am berühmtesten dürfte wohl James Browns Beitrag mit „Living in America“ sein. Survivors „Eye of the Tiger“ aus Rocky III ist auch noch mal vertreten. Am besten gefällt mir aber Robert Tepper mit „No easy Way out“. Klassischer Rocksong der damaligen Zeit, gewinnt keinen Innovationspreis, kann sich aber wirklich hören lassen, finde ich. Ok, jetzt ist es passiert, ich bin in Stimmung für…
Der „Soundtrack“ zum Rad der Zeit kam im Jahr 2001 heraus – was mich spontan überlegen lässt, ob Berry da wohl den Herrn der Ringe-Hype aufgreifen und den schnellen Dollar machen wollte. Aber falsch gedacht: Ursprünglich war die Musik als Soundtrack für das Videospiel zu The Wheel of Time bestimmt, das zwei Jahre zuvor herausgekommen war. Und Robert Jordan (R.I.P.) höchstselbst soll sie damals abgesegnet haben.
Tatsächlich hat die Musik auch wenig mit den bekannten Klängen aus Mittelerde zu tun. Wer hier großes Orchester erwartet, wartet lange. Es gibt einige längere und mehrere kürzere Stücke für die „kleine“ Besetzung, also für eine Band. Dabei leistet sich die Musik einige gewöhnungsbedürftige Anachronismen. Denn während das Rad der Zeit in einer mittelalterlichen Fantasy-Welt spielt, spielen im Soundtrack auch mal E-Gitarren, Schlagzeug oder Synthesizer auf. Ein paar Songs und Tracks sind durchaus gelungen, aber ein bisschen spröde ist das schon, deshalb…
Station 5. Rocky IV und das Spiel mit der Epik
Heraus kam dabei ein ziemlich reaktionäres Kintopp, das seine Protagonisten zu zweidimensionalen Comic-Figuren reduziert. Und da die platte „guter Ami gegen böser Russe“-Story scheinbar keine schauspielerischen Leistungen verlangte, kleidete Rocky IV seine Handlung in eine damals populäre MTV-Ästhetik. Tatsächlich reiht sich ein „Musikvideo“ ans nächste und wird nur von zweiminütigen Dialogen oder eben von den Boxkämpfen unterbrochen. Wie das auf 90 Minuten aussieht? Auf die Exposition nebst ehemals angesagter Roboter-Komik folgen James Brown („Living in America“), dann der Kampf Creed-Drago, dann Robert Tepper („No easy Way out“ – Trauer um Creed), dann Survivor („Burning Heart“ – Reise nach Russland), dann Vince diCola (Training-Montage 1), dann John Cafferty („Heart´s on Fire“ – Training-Montage 2), dann der Kampf Rocky-Drago, dann eine kurze Ost-West-Entspannungsrede als Makulatur und schließlich der Abspann.
Das alles ist kein Vergleich mehr zu Rocky I oder auch Rocky II. Aber bei Neusichtung muss ich zugeben: Inhaltlich mag das der Tiefpunkt der Filmreihe sein, aber handwerklich ist das alles perfekt gemacht. Und es hat erneut bei mir den Nostalgie-Bonus. Jetzt ist es für ein paar Jahre aber auch wieder gut. Die Zeiten sind lange vorbei, als ein Kumpel die brandneue VHS des Films angeschleppt hatte und wir direkt den Endkampf auf der Mattscheibe im 4:3-Format gesehen haben…
Wem das nichts sagt: Hinter Two Steps from Hell verbergen sich zwei Komponisten namens Thomas Bergersen und Nick Phoenix, die sogenannte Trailer-Musik komponieren. Das ist das, wonach es klingt: kurze Musikstücke, die hauptsächlich unter Kino-Trailer gelegt werden. Und die natürlich „knallen“ müssen, um beim Publikum in möglichst kurzer Zeit möglichst viel Lust auf den jeweiligen Streifen zu machen. Um das zu erreichen, dürfen die Stücke frei und reich aus dem musikalischen Zitate-Fundus schöpfen und mit reichlich klanglichen Klischees arbeiten. Oder mit anderen Worten: geil! Natürlich nur, wenn es gut gemacht ist, so wie hier.
Ich fördere die CD mit dem wenig epischen Titel Classics Vol. 1 hervor und steuere dort gleich mein Lieblingsstück an: „Spirit of Moravia“. Schon schallt mir ein Chor entgegen mit einer „gar erbaulichen Melodei“, bevor der Track in ein schwungvolles Orchesterstück umschlägt. Ja, da erklingt eine mittelalterliche Welt, wie man sie aus Märchen kennt. So als ob gleich Robin Hood und der Ritter Ivanhoe zusammen mit König Artus und einem Fässchen Selbstgebrautem um die Ecke biegen. Reicht mir aber aber noch nicht so ganz, prompt schicke ich das Stücke „Jump!“ hinterher. Was Metallica damals mit ihrem SM-Album (da haben wir es wieder!) erreichen wollten, schafft dieser Track auf knapp viereinhalb Minuten alleine: E-Gitarren, Riffs, Orchester, Rhythmus, ganz große Emotionen, schlichter Spaß. Also, wohlgemerkt in orchestralen Maßstäben. Braucht man sicherlich nicht immer, kann man aber mal machen.
Station 6. Tage des Fahrers
Noch mal eben kurz zurück zu Robert Tepper. Rocky IV war nicht der einzige Film, zu dem er einen Song beigesteuert hatte. Ein Jahr nach dem Boxer-Märchen drehte Stallone unter der Regie von George Pan Cosmatos Die City-Cobra, und da durfte Tepper erneut aus dem Off trällern, nämlich den Song „Angel of the City“. Jetzt könnte ich natürlich eine launige Rezi bringen, was alles an der City-Cobra nicht stimmt (zumal der Streifen gleich sechsfach mit der Goldenen Himbeere ausgezeichnet wurde). Allerdings übe ich mich gerade in freier Assoziation, und so komme ich von Tepper auf Reid, genauer: auf Terry Reid. Ja, auf die Gefahr hin, endgültig die abgeranzte Lederkutte überzustreifen und im tiefsten 70er- und 80er-Rockkeller zu versacken, muss diese kleine Exkursion jetzt noch sein.
Terry Reid ist ein britischer Rock-Musiker, der dadurch traurige Berühmtheit erlangt hatte, dass er in seiner Karriere gleich zweimal in kurzer Zeit mächtig ins Klo griff. Beim ersten Mal fragten ihn ein gewisser Jimmy Page und ein gewisser John Paul Jones, ob er nicht der Sänger ihrer neuen Band werden wolle – woraufhin Reid dankend ablehnte und den beiden als Ersatz einen gewissen John Bonham und einen gewissen Robert Plant empfahl. Beim zweiten Mal entschied er sich dagegen, für einen gewissen Rod Evans bei Deep Purple einzusteigen. Und als Gipfel der Ironie sollten Reids eigene Alben auch noch der Reihe nach floppen.
Ein kleiner Lichtblick tat sich im Jahr 1990 auf: Tom Cruise kam mit dem Tony Scott-Film Tage des Donners in die Kinos. Und Reid konnte mit „Gimme some Lovin´“, einer Cover-Version des Spencer Davis-Klassikers, einen Song zum Soundtrack beisteuern (daher die Assoziation Tepper-Reid). Doch mehr noch: Ein Jahr später veröffentlichte Reid das Album The Driver, auf dem sich der Titelsong in zwei Teilen (Part 1 und Part 2) findet. Und wenn man aufmerksam hinhört, dann erkennt man, dass es sich dabei um die gesungene Titelmelodie von Tage des Donners aus der Feder von Komponist Hans Zimmer handelt, noch ein bisschen nachbehandelt von Produzent Trevor Horn. Ja, wer will denn da noch den Heuler „Show me Heaven“ von Maria McKee hören, der damals zum Kinostart aus jedem Radio dudelte?
Station 7. Runterkommen mit Gefahr!
Hach, so schön die musikalischen Ausflüge zum Drachentöten, Russen-Klatschen und Rennenfahren auch gewesen sein mögen, es wird mal wieder Zeit runterzukommen. Ich nehme noch mal Dave Brubecks Time out zur Hand. Und biege gedanklich ab: Es darf gerne genauso retro und ein bisschen jazzig, aber vielleicht sogar ein bisschen entspannter sein. Easy Listening. Komischerweise habe ich da ein bestimmtes Bild vor Augen – oder vielmehr eine Szene: Elsa Martinelli, John Wayne und ein zahmer Gepard auf der abendlichen Veranda irgendwo in Afrika.
Schon ist klar, was gemeint ist, oder? Hatari! Also der Film von Howard Hawks aus dem Jahr 1962. Hatari! ist Swahili und soll so viel bedeuten wie „Gefahr!“. Doch auch wenn der Film damals als das Nonplusultra an Abenteuer mit wilden Tieren und berühmten männlichen Hauptdarstellern vermarktet wurde, für mich ist Hatari! verfilmte Lässigkeit. Das liegt wohl daran, dass sich alle Beteiligten damals auf die Farm von Hardy Krüger nach Tanganjika im heutigen Tansania verkrümelt und sich eine nette Zeit gemacht haben. Wayne auf einem 47er Chevrolet Pickup mit Fangleine, Krüger an der Bar, Red Buttons beim Dauergrinsen, die wunderschöne Martinelli mittendrin, und all das auf zweieinhalb Stunden lose zusammengehalten vom Skript aus der Feder von Leigh „Das Imperium schlägt zurück“ Brackett. Den Rest erledigt die Chemie zwischen den Darstellern. Herrlich!
Lange Rede, kurzer Sinn: Henry Mancini hat viele legendäre Scores zu nicht minder legendären Filmen geschrieben. Hatari! dürfte zu den bekanntesten gehören. Da wäre der verspielte „Baby Elephant Walk“, der Mancini seinen elften Grammy eingebracht hatte, oder das schleichende Hauptthema mit den afrikanischen Trommeln. So abenteuerlich der Film aber sein sollte, Mancini erfasste den Kern des Ganzen, indem er einen insgesamt relaxten Score schrieb – mit dem Stück „Just for Tonight“ als Dreh- und Angelpunkt. Aus heutiger Sicht klingt das Ding vielleicht etwas arg „easy“. Und der Background-Chor funktionierte eigentlich nur in den 60ern. Aber das trifft gerade genau die Stimmung und schließt den Kreis, der mit Brubecks Jazz begonnen hatte.
Diese kleine multimediale Assoziationskette ließe sich sogar noch ein bisschen fortsetzen, etwa mit der neuen Scheibe von Pineapple Thief, mit dem einen oder anderen Klassiker von Steve Winwood oder der Verfilmung von Die Braut des Prinzen mit dem Soundtrack von Mark Knopfler. Aber das soll es zunächst mal gewesen sein. Ich schnappe mir die Blu-Ray von Hatari! und tauche ein bisschen in alten Zeiten ab…