Jedem geneigten Horror-Fan ist der Name Lovecraft ein Begriff. Unzählige Kunstschaffende hat der Autor aus New England über die Jahre beeinflusst. Schriftsteller, Filmschaffende, Musiker, Maler, ja selbst mich hat der hagere Mann mit der großen Nase inspiriert.
Umso wichtiger, dass sein Werk in einer vorbildlichen Aufmachung zugänglich gemacht wird. Unzählige Veröffentlichungen seiner Geschichten gibt es, aber nur wenige, die auf ganzer Linie überzeugen können. Glücklicherweise haben wir in Deutschland eine dieser Veröffentlichungen abbekommen.
Es war ein schwüler Julitag, als mich die Nachricht erreichte.
Ein kleiner schäbiger Buchladen unten an den Docks hatte eine große Lieferung an exotischen Büchern erhalten. Meine Informanten meinten, dass sie dort einige ungewöhnliche Exemplare entdeckt hatten, die von Interesse für mich sein könnten.
Auch wenn die Chancen groß waren, dass es sich bloß um Fehleinschätzungen handelte, so stark war auch der Drang, mir selbst ein Bild dieser ominösen Lieferung zu machen. Ich könnte es mir jedenfalls nicht verzeihen, sollte ich später erfahren, dass ich mir einen Schatz hatte entgehen lassen.
Weg in den Wahnsinn
Ich warf mir eine leichte Jacke über und machte mich auf den Weg hinunter zu den Docks. Die drückende Luft raubte mir jeden klaren Gedanken. Wie in Trance wandelte ich die Straßen hinab in die düstersten Regionen der Stadt.
Die Docks und deren Umgebung waren bestimmt von heruntergekommenen Häusern und Brachland. Die Mieten waren so niedrig, dass jede Art von Gesindel hier liebend gern ihr Lager aufschlug. Die wenigen Läden, die es gab, dienten alle der Geldwäsche. Außer der Buchladen.
Der Laden befand sich in einem baufälligem Gebäude, dessen Putz nur noch in Form vereinzelter Farbkleckse an der ansonsten grauen Fassade ins Auge fiel. Der Verkaufsraum roch feucht, und die Wände waren voller Stockflecken. Kein guter Ort, um wertvolle Bücher zu lagern. Der Verkäufer fügte sich perfekt in seinen Laden ein. Die großen Warzen und Geschwüre in seinem Gesicht zeugten von einem schweren Schicksal. So widerlich sein Aussehen auch war, so hilfsbereit gab er sich. Ich fragte ihn nach den Neuzugängen, und er führte mich sofort zu einem Stapel Bücher weit hinten im Laden.
Es mussten um die 50 oder 60 Exemplare sein.
Mit geübtem Blick arbeitete ich mich durch den moderigen Haufen. Der Großteil der Bücher hatte seine beste Zeit bereits hinter sich. Nicht einmal als Brennmaterial waren sie noch zu gebrauchen. Mir erschloss sich nicht, was der Mann damit vorhatte. Niemand würde mir einfallen, der solch eine schlechte Qualität auch noch mit Geld belohnen würde.
Ich hatte die Hoffnung fast aufgegeben, da durchfuhr mich ein Schauer, den ich nicht einordnen konnte. Eine wohlige Erregung, oder eine fürchterliche Vorahnung? Ich wusste es nicht, aber ich spürte, von welchem Buch dieser Schauer ausging.
Das Buch
Fest gebunden, ohne nennenswerte Gebrauchsspuren, lag es tief unter den anderen Büchern vergraben. Ich befreite es von der Last der verrottenden Papierbündel und hielt es ins dumpfe Licht der Ladenlampen. Der Einband glänzte und gab seine ledrige Oberfläche preis. Ich zuckte zusammen. Das Bild auf dem Buchdeckel war so grausam, dass jeder normal denkende Mensch das Buch sofort aus den Händen gelegt hätte. Aber irgendetwas hinderte mich daran. Ich musste dieses Buch in der Hand behalten. Ich musste es besitzen. Hastig durchforstete ich den Inhalt. Eine Geschichte, so schrecklich, dass es Überwindung kostete, sie zu lesen. Illustrationen, die das Grauen versuchten in Bilder zu fassen. Ich konnte nur ahnen, wie schwer dieses Unterfangen gewesen sein musste. Ein Künstler, der sich ganz dem Wahnsinn hingegeben hatte und höchstwahrscheinlich davon verschlungen worden war.
Am Ende des Buches gab es Texte, die von Forschern des Schrecklichen verfasst waren. Auch sie hatten es sich zur Aufgabe gemacht, die Geschichte zu ergründen. Ihr den Wahnsinn auszutreiben und sie für die Menschheit verständlich zu machen. Welche Qualen diese Forscher wohl erleiden mussten?
Ich presste das Buch fest an mich und ging zum Tresen. Der Preis war erstaunlich niedrig, und ich konnte nicht verleugnen, dass ich ein glückliches Lächeln im widerwärtigen Gesicht des Ladenbesitzers erkennen konnte. Ein Lächeln, das aussagte, wie glücklich er war, dieses Buch los geworden zu sein.
Es war mir egal. Ich verließ den Laden und stürmte nach Hause, in fiebriger Erwartung, das Buch zu lesen und mich dem Wahnsinn vollends hinzugeben.
Die Berge des Wahnnsinns ist eine von Lovecrafts wohl bekanntesten Erzählungen. Die Geschichte einer Antarktisexpedition, die gehörig schief ging und den Überlebenden einen Blick in die schreckliche Vergangenheit der Erde gewährte. Guillermo del Toro versuchte jahrelang, diesen Stoff zu verfilmen, zeitweise mit so bekannten Namen wie Tom Cruise und Ron Perlman. Ridley Scotts Prometheus machte den Plänen dann (vorerst) endgültig den Garaus. Zu ähnlich waren die Geschichten. Der FESTA-Verlag, spezialisiert auf Horror und Thriller,-Literatur brachte die Berge des Wahnsinns als eigenständiges Hardcover mit Schutzumschlag und Illustrationen von Timo Wuerz heraus. Dazu gesellen sich noch zwei kommentierende Anhänge von Will Murray und David A. Oakes. Damit bekommt der geneigte Leser die volle Breitseite der Geschichte und ihrer besonderen Atmosphäre.
Der Stoff
Festa
Hier erhältlich: Berge des Wahnsinns – Festa Verlag
Die eingangs erwähnte Inspiration: Die Expedition
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