Upgrade liefert nettes Backenfutter im Sci-Fi-Gewand. Umso fieser, dass der Film quasi „hintenrum“ eine digitalisierte neue Welt entwirft, in der nicht alles so schön ist.
Höhöhö, gleich kriegen die bösen Buben aufs Maul. Hihihi, die wissen es nur noch nicht. Da kommt also dieser Typ im Rollstuhl in die Kneipe und wirkt total hilflos. Und trotzdem riskiert der eine dicke Lippe, um die bösen Buben zu provozieren. Ja, wenn die wüssten, dass der Rollstuhlfahrer gar nicht so hilflos ist… – Das ist so eine typische Szene aus Upgrade. Denn sie folgt einem einfachen Gedankenspiel: Wäre es nicht verlockend, wenn man sich ganz einfach einen Vorteil verschaffen könnte? Per Upgrade, also quasi per Download schneller, stärker, schlauer, schlicht besser werden könnte als alle anderen? Und dann dieser Überraschungseffekt, wenn alle anderen plötzlich große Augen machen!
Upgrade bezieht für ein gutes Stück seiner Laufzeit eine gehörige Faszination aus genau dieser Konstellation. Da macht es einfach Spaß, Logan Marshall-Green dabei zuzuschauen, wie er die Mörder seiner Frau aufspürt und sich an ihnen rächt, ohne dass die ihm etwas anhaben können. Das Computer-Upgrade, das ihm eingepflanzt wurde, macht ihn nicht nur schneller und stärker, fortan hat er sogar eine kleine Stimme im Ohr, die ihm in (beinahe) jeder Situation hilft – wie ein intelligentes Assistenzsystem. „Geiler Scheiß!“, möchte der Genre-Fan da urteilen. Und das stimmt auch, denn Upgrade ist toll inszeniert, gut gespielt und mit einem angemessenen Maß an Brutalität gespickt. Doch das ist noch nicht alles.
Schöne neue Welt mit leichten Fehlern
Was Upgrade über das Niveau eines rüden B-Films hinaus hebt, ist dieses kleine Störgefühl, das sich mit zunehmender Laufzeit im Zuschauer breit macht. So lustig der Rachefeldzug mit Computerhilfe auch sein mag, irgendwann fragt sich der Betrachter: Wer steuert da eigentlich wen? Hat der menschliche Protagonist noch die Kontrolle? Oder hat er seine Eigenständigkeit schon längst an die Künstliche Intelligenz abgegeben, ganz einfach weil alles damit so schön einfach und effizient wird? Auf dieser Ebene ist Upgrade eine fiese kleine Sci-Fi-Satire auf die technologische Entwicklung, die wir derzeit selbst erleben dank Digitalisierung und Big Data. Die Aussage könnte sein: Es ist schön, ein Genie an seiner Seite zu haben. Doch wird man damit eigentlich überflüssig – das Genie kann alles besser.
Philip K. Dick hätte heutzutage seine wahre Freude. Jedenfalls sorgt die Digitalisierung nicht nur bei Ottonormalverbraucher für Paranoia und Existenzangst. Auch eine Riege von Filmschaffenden hat eine neue Inspirationsquelle gefunden, so scheint´s. Upgrade reiht sich mit seinem Mensch-Maschine-Thema jedenfalls nicht nur gut bei den ganz großen Vorbildern wie eben Blade Runner oder Terminator ein. Nein, da drängt sich auch der Gedanke an eine recht aktuelle „Trilogie“ auf, bestehend aus Ex Machina von Alex Garland, Das Morgan-Projekt von Ridley Scott-Spross Luke Scott sowie der launige britische B-Film The Machine mit Caity Lotz und Toby Stephens. Alle haben gemein: Der Mensch ist ein Auslaufmodell. Tja, positiv denken ist alles…
Angenehm altmodisch oder längst überlebt?
Der Film treibt den Gedanken sehr schön auf die Spitze. Denn bei genauerem Hinsehen fällt auf: Die Hauptfigur, die als Automechaniker so angenehm altmodisch rüberkommt, ist in einer Zeit der selbstfahrenden Autos eigentlich ein Loser. Und auch die Polizistin, die hinter ihm her ist und dabei auf althergebrachte Ermittlungsmethoden setzt, ist ein Loser. Nicht umsonst wird ihr an einer Stelle gesagt: „Halten Sie sich raus und überlassen Sie die Polizeiarbeit einem Computer!“ Das ist dann auch die – Achtung, Spoiler – fiese Pointe des Films: Der Mensch wird in eine angenehme Traumwelt, also in eine Matrix, abgeschoben und so ruhiggestellt, damit die KI ungestört übernehmen und ihr Ding durchziehen kann.
Bekannte Story, neue Bilder
Regisseur und Horror-Experte Leigh Whannell (Saw, Insidious) hat eine nette kleine Dystopie in der Tradition von Blade Runner, Terminator oder auch Matrix geschaffen. Das mag vielleicht der Knackpunkt sein: Im Kern erzählt Upgrade nichts Neues. Seine Story ginge auch als Prequel für die genannten Filme durch. Genau so, wie sich hier der schlaue Chip Stem an die Macht mogelt, so könnten „damals“ Skynet und die Maschinen aus Matrix die Herrschaft übernommen haben – und so ähnlich hat es unlängst Alicia Vikander in Ex Machina getan. Allerdings verpasst der Film seinen großen Vorbildern ein nettes – Achtung, Wortwitz! – Upgrade mit Seitenhieben auf die Digitalisierung und mit hübsch bunt beleuchteten Actionszenen.
In Kürze: Upgrade macht auf einer Ebene mächtig Spaß – nämlich auf der „Aufs Maul“-Ebene. Upgrade ist aber noch ein bisschen mehr, nämlich eine fiese kleine Satire auf die heutige Digitalisierung und ihre Konsequenzen. Da stellt er die Frage: Wenn alles von schlauen Maschinen erledigt wird, wozu braucht es da noch den menschlichen Bediener?
Bewertung: 8 / 10