In bester Geheimagenten-Manier wurden tagelang kryptische Nachrichten über die sozialen Medien verbreitet. Die Sender waren in diesem Fall jedoch LEGO und Aston Martin. Unter Fans ließ das einiges an Spekulationen zu – und verursachte vor allem immense Vorfreude. Je länger die Geheimniskrämerei dauerte, desto klarer wurde es: LEGO hatte sich die James Bond-Lizenz gekrallt, und es würde ein Aston Martin-Set geben. Genau genommen ein Set der Creator Expert-Reihe, die schon so großartige Modelle wie den VW Käfer, den MINI Cooper und den London Bus hervorbracht hatte. Und dann erschienen die ersten Bilder…

Und der hier ist ja auch wirklich unauffällig

Die Begeisterung über das Set hielt sich in Grenzen. Zu blockig, zu grau, zu ungenau in der Abbildung des Originals. Was soll man sagen, das Set leidet an einigen Punkten, die am Ende alle auf ein Problem zurückzuführen sind. Dieses Problem ist nicht die Doppel-Null, sondern die Doppel-Lizenz.

Schlitz schlitz! Auch die scharfen Klingen, die aus den Radkappen fahren, dürfen nicht fehlen. Um sie auszufahren, muss man allerdings selbst Hand anlegen. Ein einfaches Umstecken ersetzt eine komplizierte Funktion.

James Bond und Aston Martin: zwei Namen, die unwiderruflich zusammengehören (vergessen wir die kleine BMW-Episode). Um beiden gerecht zu werden – in Lego-Form natürlich – muss man erfinderisch werden. Schließlich gilt es, die Gimmicks des Fahrzeugs abzubilden, um dem James Bond-Fan zu befriedigen, und genauso der Eleganz der Automarke treu zu bleiben, um Freunde der britischen Sportwagen zu überzeugen. Optisch muss die Hülle also auch stimmen. Und die Designer waren erfinderisch. Sie schafften es alle wichtigen Sonderfunktionen des DB5 in einem kleinen Maßstab unterzubringen. Nur leider ging das alles nicht ohne Kompromisse.

Maschinengewehre hinter den Lampen. Wer braucht die nicht? Aus dieser Perspektive ist das Modell leider nur schwer als DB5 zu erkennen. Vor allem die Hauptscheinwerfer, die beim Original oval sind, lenken ab. Definitiv nicht die Schokoladenseite.
Schleudersitz? Das ist doch wohl ein Scherz!

Hätte LEGO einzig die Aston Martin-Lizenz erworben, wäre es ein einfaches gewesen, einen optisch ansprechenden Wagen aus den Plastiksteinchen zu bauen. In Kombination mit den Funktionen wurde dies jedoch vereitelt. Vor allem der Schleudersitz wirkt sich negativ auf das Erscheinungsbild aus. Während beim Original Kurven das Dach abrunden, bleibt das LEGO-Modell eckig. Mit vorhandenen Steinen wäre es kein Problem die runden Kanten nachzubilden. Allerdings hätte man den Schleudersitz weiter in die Mitte bauen müssen. Das wiederum hätte das Innenleben des Autos vollkommen zerstört. Andere Alternative: den Schleudersitz weglassen. Für ein James Bond-Fahrzeug undenkbar.

Verstecktes Telefon und clevere Motorhaube. Im Zeitalter der Handys ist das Tür-Feature schön altbacken, aber die zwei-gelenkige Aufhängung der Motorhaube wird auch noch heute in einigen echten Autos verbaut.

Die kugelsichere Wand, die aus dem Heck gefahren wird, funktioniert super. Leider ist das Heck im Ganzen zu kurz, und auch die Heckscheibe fällt zu flach ab. Die zulaufende Erhebung, die vom Dach zum Kofferraum führt, ist vage angedeutet, funktioniert in diesem Maßstab aber nicht. Der hintere Teil des Aston Martin kann getrost als schwach bezeichnet werden. Die Front macht da weitaus mehr richtig, auch wenn die Scheinwerfer die falsche Form haben. Trotzdem weist auch die Frontansicht weitere Kompromisse auf, die das Gesamtbild runterziehen. Neben den Scheinwerfern sind es vor allem die harten Übergänge einiger Elemente. Von geschmeidigen Kurven keine Spur.

Kugelsichere Wand und drehbares Nummernschild. Auch an diese Features dachten die Designer. Beide funktionieren einwandfrei. Die Nummernschilder werden beklebt. Aufgrund meiner Sticker-Phobie habe ich darauf verzichtet.
Bond, sie haben eine Lizenz zum Töten, nicht zum Brechen aller Verkehrsregeln

Kommen wir aber mal lieber zum Positiven: Die Funktionen sind großartig. Komplex gebaut und einwandfrei zu bedienen, verlocken die Spielereien immer wieder, das Modell in die Hand zu nehmen. Alles was sich der Agenten-Freund wünscht, ist vorhanden. Sei es das Telefon in der Fahrertür, die Maschinengewehre seitlich des Kühlers oder der bereits erwähnte Schleudersitz – alles ist an seinem Platz und lässt sich bedienen. Der Aston Martin DB5 hat dabei mehr Funktionen und Technik, als so manches aktuelle Technic-Set. Sollte man sich auch mal auf der Zunge zergehen lassen…

Schleudersitz für unliebsame Fahrgäste. Auch diese Funktion lässt kaum Wünsche offen. Hier sieht man auch gut, welche Schwierigkeiten ein runderes Design für das Dach verursachen würde. Am Rand ist nur eine Noppenbreite verbaut. Abgerundete Steine sind zwei Noppen breit und zwängen den Schleudersitz weiter in die Mitte. Die Details des Innenraums wären dann hinfällig.
Tja, alles eine Frage der Perspektive

Vieles klang jetzt sehr negativ. Trotzdem würde ich jedem Interessierten zu diesem Set raten. Nicht sofort, aber bald. Die Exklusivität des Sets dürfte – zum Zeitpunkt dieses Beitrages – ausgelaufen sein und das Set ist im freien Handel erhältlich. Somit sind Rabatte absehbar. Der Listenpreis von €149.99 ist in meinen Augen deutlich zu hoch. Das wird aber nicht mehr lange so bleiben.

Wenn man das Set dann sein eigen nennt, erwartet einen ein unglaublich spannendes Bauerlebnis. Vor allem der Anfang, der die Technik der Funktionen vorbereitet, macht sehr viel Spaß. Und es ist ein tolles Gefühl, wenn am Ende alles zusammenkommt und funktioniert. So müssen LEGO-Sets sein. Die Optik hat ihre Probleme, wirkt in der Realität aber deutlich besser als noch auf Bildern. Fans des britischen Geheimagenten und/oder der Marke Aston Martin sollten ruhig zugreifen. Mit dem angemessenen Preisnachlass wird man sich nicht ärgern. Das Set macht Spaß und tröstet über die Kompromisse im Erscheinungsbild hinweg.

Das Prachtstück. Jedenfalls teilweise. Auch wenn das Modell einige Schwachstellen hat, im richtigen Winkel macht es schon was her. Und die Funktionen trösten über so manche optische Entgleisung hinweg.
Im Jahr 1963 kam der Aston Martin DB5 auf den Markt. Bereits ein Jahr später wurde sein Legenden-Status gefestigt. Das dritte James Bond-Abenteuer Goldfinger war der Debütfilm für den aufgemotzten Wagen. Unzählige Gadgets machten James Bond das Leben leichter und seinen Feinden deutlich schwerer.

In sechs weiteren Filmen der Agentenreihe – Feuerball, Goldeneye, Der Morgen stirbt nie, Casino Royale, Skyfall, S.P.E.C.T.R.E. – war der DB5 zu sehen und stahl dabei jedem anderen Fahrzeug die Show. Kein Wunder, die eleganten Formen sind an Schönheit kaum zu übertreffen. Autos können die Briten.

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