Seitdem Super Mario Bros. im Jahr 1993 das Genre der Videospielverfilmungen begründet hat, ist viel Zeit vergangen. Unzählige Werke widmeten sich den Pixelhelden, wobei viele von der Kritik wie der breiten Masse verrissen wurden. Doch eine Heldin durfte nun zum zweiten (dritten) Mal ran: Lara Croft!
2001 und 2003 noch von Angelina Jolie verkörpert, übernahm in diesem Jahr Alicia Vikander die Rolle der taffen Abenteurerin in Tomb Raider. Ob es gelang und warum einige Dinge doch sehr bekannt vorkommen, lässt sich klären…
Gleich einmal vorweg: Ich werde versuchen, auf Spoiler zu verzichten. Allerdings benötigt ein Aspekt der Kritik einen direkten Bezug auf einen Teil der Handlung. Somit ist mindestens ein großer Spoiler im Text enthalten. Lesen auf eigene Gefahr!
Geschichtsstunde
Gleich zu Beginn lernen wir Lara Croft in ihrem urbanen Alltag kennen. Sie arbeitet als Fahrradkurier und ist ständig pleite. Das Erbe ihres Vaters tritt sie nicht an. Denn: Der reiche Papa verschwand zwar vor einigen Jahren auf einer Expedition und gilt seitdem als verschollen. Doch sie glaubt immer noch, dass er lebt. Würde sie das Testament annehmen, würde sie seinen Tod akzeptieren. Loslassen will gelernt sein.
Es kommt, wie es kommen muss: Lara entdeckt Hinweise auf den Verbleib ihres Vaters und macht sich auf die Suche nach ihm. Auf einer mysteriösen Insel im Chinesischen Meer scheint sie ihrem Ziel näher denn je. Wären da nicht skrupellose Söldner, die nach dem gleichen Tempel suchen, den auch schon Croft Senior gesucht hat.
Lara Croft und der Fluch des Vorbilds
Ab jetzt gibt’s Spoiler!
Natürlich lebt ihr Vater noch, und sie findet ihn als unrasierten Zausel in einer Höhle. Nach einigen anfänglichen Berührungsschwierigkeiten nähern sich die beiden wieder an und brechen gemeinsam auf, um das Rätsel des Tempels zu lösen. Und hier geht es auch los, dass einige Elemente der Handlung sehr deutlich an einen anderen Abenteuerfilm erinnern: Indiana Jones und der letzte Kreuzzug. Rückblickend zeigen sich sogar noch mehr Parallelen zum dritten Indy-Abenteuer:
- Das Verschwinden des Vaters als Motivation.
- Ein Tagebuch, welches zur Lösung des Rätsels unabdingbar ist. Natürlich fällt es in die Hände der Feinde, obwohl Junior, also Lara, es eigentlich nicht mit ins Abenteuer bringen sollte.
- Ein Tempel mit mehreren Prüfungen, die im Beisein der Gegner gemeistert werden. Dabei eine Szene, in der Papa Croft und Lara ihre Gedanken ergänzen. Ganz genau so, wie Jones Senior und Jones Junior im Gralstempel.
- Am Ende dann noch eine Vorrichtung, die zwar das Altern nicht rapide beschleunigt wie der falsche Kelch bei Indy, aber für ähnliche körperliche Veränderungen sorgt.
Natürlich sind einige Dinge auch dem Genre geschuldet, aber es ist doch sehr auffällig, dass gerade ein so berühmter Abenteuerfilm so stark referenziert wird. Muss aber auch nicht schlecht sein, denn Tomb Raider ist insgesamt ein recht unterhaltsamer Film geworden.
Schätze und Krempel
Erstaunlicherweise nimmt sich der Film sehr viel Zeit für ruhige Dialogszenen. Das ist auf der einen Seite sehr erfrischend, auf der anderen bremst es die Handlung aber auch aus. So manches Mal wird nur geredet, ohne wirklichen Mehrwert für Charaktere und Geschichte. Schade.
Dafür ist die Action überaus gelungen. Zwar nichts Weltbewegendes, aber von Regisseur Roar Uthaug gekonnt inszeniert. Dabei fügt er Aspekte der Videospielvorlage gekonnt ein, ohne dass es störend oder aufgesetzt wirkt. Fans der Reboot-Spiele werden so einige nette Details erkennen.
Auf Schauspielerseite kann Alicia Vikander deutlich überzeugen, aber auch Dominic West, Walton Goggins und Daniel Wu machen ihre Sache gut. Da gibt es nichts zu meckern.
In Kürze: Tomb Raider ist eine Videospielverfilmung, die sich locker in die Reihe der gelungeneren Vertreter ihres Genres einreihen kann. Nicht ohne Fehler, aber auch weit davon entfernt, ein schlechter Film zu sein. In Zeiten, in denen Abenteuerfilme Mangelware sind (und Indy 5 und Uncharted noch in weiter Ferne liegen), nimmt man solche Streifen dankend entgegen.
Bewertung: 7 / 10