Ganze 19 Jahre hatte es gedauert, bis der beliebteste Archäologe der Welt wieder die Leinwände der Kinos beglückte. Gemeint ist Indiana Jones 4. Doch woran hatte das gelegen? Und vor allem: Warum dauert es nun schon wieder so lange, bis der – seit langem angekündigte – fünfte Teil in die Kinos kommt? Haben denn die Macher nichts aus der Geschichte gelernt?

Etwas Geschichtsunterricht

Indiana Jones und der letzte Kreuzzug war 1989 der zweiterfolgreichste Film des Jahres – nur überflügelt von Tim Burtons Batman. Aus marketingtechnischen Gründen war eine weitere Fortsetzung eigentlich unausweichlich. Aber aus erzähltechnischen Gründen könnte man sagen: Der Film bot einen gelungenen Abschluss der Saga und des Charakters. So schien auch die Motivation aller Beteiligten, Indy noch ein weiteres Abenteuer zu gönnen, eher gering. Spielberg und Ford widmeten sich anderen Dingen, und auch Lucas besann sich auf die Projekte, welche er schon seit längerem in der Schublade hatte.

VHS, DVD und Blu-Ray: Indy hat so einige Heimkino-Auswertungen mitgemacht. Auf welchem Medium Indy 5 erscheint, wird die Zukunft zeigen und hängt wohl auch ein bisschen davon ab, wann der neue Film denn tatsächlich fertig wird.

Trotz alledem kamen immer wieder Gerüchte um einen vierten Teil auf. Ob nun Kevin Costner oder Sandra Bullock – so mancher Hollywood-Star, der Anfang der 1990er gerade angesagt war, wurde für den Film gehandelt. Ebenso kam manche Idee ans Tageslicht, welche damals aber niemand so wirklich ernst nahm. Zum Beispiel das berüchtigte Storygerüst zu Saucer Men from Mars. Indy und Außerirdische? Niemals!

IEU – Indy Expanded Universe

Die richtige Weiterführung des Franchise fand zuerst sowieso jenseits der Leinwand statt. Comics, Romane, Videospiele und die vieldiskutierte Young Indiana Jones-Serie führten den Kanon um Prof. Dr. Henry Jones jr. weiter. Und da gab es auch so einiges zu erzählen. Und hätte es auch zu erzählen gegeben, wenn man nur an Indys Bekanntschaften etwa mit Abner Ravenwood oder René Emile Belloq denkt. Aber ein neuer Film? Fehlanzeige.

Eine Indiana Jones Fernsehserie? Was soll da schon schiefgehen?

Vieles, wenn man sich die Reaktionen der Zuschauer so ansieht. Denn Indy-Erfinder George Lucas, typisch für ihn, lieferte mit der Serie nicht das Erwartbare – nämlich atemlose Action, große Abenteuer und mystische Orte. Nein, es gab Geschichtsstunde und das Aufwachsen eines der größten Filmhelden des Kinos zu bewundern. Damit hatte niemand gerechnet.

Die Young Indiana Jones Adventures/Chronicles hatten natürlich auch Action, aber in kleineren Dosen. Dafür gab es exotische Orte auf der ganzen Welt zu bewundern, und der kleine Indy erlebte jede Menge Abenteuer. Nur eben nicht, wie sie der Fan der Kinoreihe erwarten würde.

Ließ man sich aber auf die Serie ein, wurde man mit liebevollen Geschichten aus dem frühen 20. Jahrhundert beglückt, in denen unser (junger) Held so manche reale Prominenz traf. Das war dann sogar richtig lehrreich.

Leider schaffte es die Serie nur im englischen Original auf DVD. Allerdings mit tonnenweise Bonusmaterial, welches den Informationsgehalt noch weiter nach oben schraubt. Intelligentes Fernsehen, seiner Zeit weit voraus und immer noch einen Blick wert.
Vom Suchen und Nicht-Finden

Immer wieder wurde als Grund der Verzögerung angegeben, dass man den nötigen MacGuffin – den handlungsbestimmenden Gegenstand – noch nicht gefunden habe. Das war auch kein leichtes Unterfangen, und zwar in zweierlei Hinsicht.

Zum einem musste man versuchen, etwas Gleichwertiges zu den ikonischen Artefakten der ersten drei Teile zu finden. Zum anderen schrumpfte die Zahl der möglichen Schätze mit jedem Jahr weiter. Denn während Indy im Kino dem Dornröschenschlaf nachkam, schöpften die Autoren von Indy-Büchern und Comics aus dem vollen Mythologiefundus. Ob Excalibur, der Jungbrunnen, der Speer des Schicksals oder Noahs Arche: Es gab nichts, was Indiana Jones nicht schon in einem Comic oder Buch entdeckt oder gesucht hätte. Die zahlreichen Epigonen, die in diversen Medien ähnliche Artefakte suchten, mal ganz außen vor gelassen.

Eine Sache wurde aber gerade von Fans – die Filmemachern ja gerne neue Ideen absprechen – stoisch gefordert: die Suche nach Atlantis.

Mach mal Pause. Ähnlich kräftezehrend wie Indys Abenteuer ist wohl auch die Wartezeit auf neues Material des Action-Archäologen.
Es ist kein Plagiat

Indiana Jones and the Fate of Atlantis – eines der besten Point&Click Adventure aller Zeiten – kam 1992 auf den Markt und wurde in Fankreisen als legitimer vierter Teil der Indiana Jones-Reihe angesehen. So war es auch wenig verwunderlich, dass eine Verfilmung dieses Teils immer wieder zur Sprache kam. Allerdings nur auf Fanseite.

Sieht man sich das Spiel genauer an, fallen zwei Dinge auf. Erstens: Bis auf einige wenige Faustkämpfe gibt es keinerlei Action. Verständlich, da solche Point-and-Click-Adventures, wie Indys Abstecher nach Atlantis eines war, auf Rätsel und Logik ausgelegt sind und nicht auf wildes Knöpfchendrücken. Eine Filmumsetzung müsste also einiges an neuen actionreichen Szenen integrieren und diese auch herleiten. Ein Unterfangen, welches sicherlich für Unmut gesorgt hätte.

Damals hui, heute pfui?

Zweitens: Wichtige Handlungselemente ähneln denen aus dem wirklichen vierten Indiana Jones-Teil – Indiana Jones und das Königreich des Kristallschädels – enorm. Da stellt sich doch automatisch die Frage: Was ist denn da in all den Jahren passiert, dass die Fans an Indy 4.2 (also dem Kristallschädel) kritisierten, was sie an Indy 4.1 (also dem Atlantis-Trip) noch abgefeiert hatten?

Eine verlorene hochentwickelte Stadt, Wesen die nicht von dieser Welt zu sein scheinen, eine Person, die von diesen Dingen besessen ist und Indiana Jones, der am Ende sehr passiv dem Finale entgegenblickt. Alles Zutaten aus Indiana Jones und das Königreich des Kristallschädels. Und eben auch Fate of Atlantis.

Sicherlich kann all das ein Zufall sein, aber da selbst im Spiel immer wieder aufgeworfen wird, dass es eine Verbindung zu Außerirdischen gibt, sind die interdimensionalen Wesen aus Indy 4 nicht mehr ganz so abwegig. Den einen oder anderen Einfluss von „Fate“ auf „Skull“ kann man wohl als gegeben hinnehmen. So gesehen hat man mit Indy 4 eine sehr freie Adaption von Fate of Atlantis bekommen, welche die Handlung nicht unter Wasser enden lässt, sondern im tiefsten Dschungel.
Chachapoya Idol, Kristallschädel und Gral: Welchem Artefakt Indy in Teil 5 hinterherjagen wird, ist noch ein Geheimnis. Das Finden des richtigen MacGuffin war aber bereits früher ein Grund für jahrelange Verzögerungen.
Nachsitzen

Das Königreich des Kristallschädels liegt nun auch wieder 11 Jahre zurück, und der Termin für Indiana Jones 5 wurde bereits mehrfach nach hinten verschoben. Aktuell ist der Kinostart für den 9. Juli 2021 geplant. Der Drehbeginn im April 2020. Und da mutet doch einiges seltsam vertraut an…

In den vergangenen Jahren wurden einige Drehbuchautoren verpflichtet und wieder entpflichtet. Man erinnere sich, dasselbe Spiel gab es bereits bei den vorherigen Teilen. Besonders Teil 4 sticht hierbei hervor, da Autor Frank Darabont sehr enttäuscht – und redefreudig – darüber war, dass man sein City of the Gods-Drehbuch nicht verwendet hatte. Fairerweiser muss man aber sagen, dass es nicht unbedingt besser ist als der finale Film und schon so manche „kritische“ Szene besaß. Man denke nur an die Riesenschlange, die Indy verschluckt, oder eine Actionszene auf zwei fliegenden Flugzeugen. Ford wurde für weitaus simplere Stunts schon Unglaubwürdigkeit attestiert.

Zum jetzigen Zeitpunkt schreibt wieder David Koepp für Indy 5. Koepp verfasste unter anderem das Drehbuch zu Jurassic Park oder Krieg der Welten und übernahm auch Indy 4 von Darabont. Er war es dann auch, der erst vor kurzem verlauten ließ, dass man auf einem guten Wege sei und wahrscheinlich endlich eine Story für den neuen Film gefunden habe. Das sollte man eigentlich auch, wenn man schon am Drehbuch sitzt…

Es wird sportlich

Eine Aussage, die nicht wirklich Mut macht. Denn es bedeutet: Gerade einmal sechs Monate vor Drehstart gibt es kein fertiges Drehbuch. Was wiederum bedeutet, dass Casting, Location-Scouting, Set-Building und Verpflichtung von Personal einen sportlichen Zeitplan vor sich haben, wenn man die selbst gesetzten Fristen noch einhalten will.

Persönlich würde es mich nicht wundern, wenn der Starttermin erneut verschoben oder komplett abgeblasen wird. Denn eines ist auch sicher: Die Hauptakteure des Franchises werden nicht jünger. Spielberg ist 72 Jahre alt, Harrison Ford 77 (und damit 18 Jahre älter als Connery bei der Kreuzzug-Premiere) und John Williams, ohne dessen Musik etwas fehlen würde, bereits 87. Bei allen nur eine Frage der Zeit, bis sie ihre Karriere an den Nagel hängen und es gut sein lassen. Verübeln könnte man es ihnen nicht. Warten schlaucht…

 

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