Als Star Wars am Anfang stand, da war die Galaxis noch voller Wunder – und bekannter Erzählstrukturen. Die neuen Abenteuer des Luke Skywalker jedenfalls setzte den Krieg der Sterne 1978 recht stilgerecht fort. Eine kleine Zeitreise…
Es war einmal vor langer Zeit in einer weit, weit entfernten Galaxis – da war diese Galaxis noch sehr, sehr klein. Denn sie bestand aus einem Film, mehr nicht. Gute Rebellen kämpfen gegen das böse galaktische Imperium. Punkt. Ein Bauernjunge von einem Wüstenplaneten tut sich mit einem Weltraum-Cowboy und einer Weltraum-Prinzessin zusammen. Er jagt eine extrem große Raumstation in die Luft. Punkt. Ach ja, und so ein alter Kuttenträger läuft da auch noch herum. Der faselt irgendetwas von einer ko(s)mischen Macht und kämpft gegen einen Mann in Schwarz, der mal sein Schüler gewesen sein soll. Punkt. Mit anderen Worten: Star Wars – und zwar nur Star Wars, ganz ohne Episode oder sonstige Titel – bietet anno 1977 zwei Stunden lang ein knalliges Weltraum-Abenteuer. Aber mehr halt auch nicht. Am Ende siegen die Guten, die Bösen kriegen den Hintern versohlt, fertig, Punkt.
Der, äh, Punkt ist nur: Star Wars ist bereits zu dieser Zeit nicht arm an Andeutungen. Alderaan, Klonkriege, Jedi, Rebellen-Allianz, Lukes Papa und Obi-Wans Schüler, ja, sogar einen Kaiser hat es da… Das sind Schlagworte, die der unbedarfte Kinogänger einfach so hingeworfen bekommt, ganz ohne Erklärungen. Und es gibt keine Prequels, keine Sequels, keine Comics oder Begleitbücher, die etwas mehr Licht ins Dunkel der noch jungen Star Wars-Galaxis bringen könnten. Was geschieht also? Die Zuschauer fangen an zu spekulieren und die Lücken mit der eigenen Fantasie zu füllen. Wie hat sich denn diese Rebellen-Allianz gegründet? Wie das Imperium? Und was macht da ein Gouverneur Tarkin den ganzen Tag in seiner Raumstation? Woher kommt die überhaupt? Und ist dieser General Dodonna wohl ein netter Typ? Und überhaupt: Was haben diese Jawas unter ihrer Kutte?
Han Solo in Boogie Nights
Das Spielchen wurde übrigens schon in zahlreichen Filmen und Serien durchgespielt. Zuletzt philosophierten die Jugendlichen in der Amazon-Serie The Hunters über Star Wars, Kevin Smith baute derlei Gerede bereits in den 90ern in Chasing Amy ein. Selbst in Boogie Nights von Paul Thomas Anderson will jemand sein wie Han Solo, wenn auch die Porno-Variante von Han Solo. Aber diese Filme und Serien bemühen ja den gleichen Mechanismus, wenn auch mit Augenzwinkern: „Hinter“ den Star Wars-Filmen steckt lange Zeit viel mehr, als auf der Leinwand im ersten, auch im zweiten oder dritten Film zu sehen ist. Und das heizt die Fantasie der Zuschauer an – sofern diese Fantasie haben.
Nun finde ich das Gedankenspiel tatsächlich ganz interessant, nämlich sich in die Anfangszeit des Star Wars-Franchise zurückzuversetzen. Sich vorzustellen, wie der damalige „Fan“ ein Stück Kino-Neuland betritt. Wie er es für sich erkundet und mit der eigenen Fantasie Stückchen für Stückchen ausmalt. Was wartet „da draußen“ bei Star Wars – oder beim Krieg der Sterne, wie es in Deutschland heißt – noch? Und wird man das jemals zu sehen bekommen? Zugegeben: Altersbedingt stelle ich solche Überlegung erst Anfang der 90er Jahre an, als es auch noch nicht allzu viel Background zu Star Wars gibt. Aber wie mag das dann erst im Jahr 1977 gewesen sein, als der erste Film in die amerikanischen Kinos kam?
Absturz in Pulp Fiction-Manier
Ich bin kürzlich über die zwei Comic-Bände Die neuen Abenteuer des Luke Skywalker gestolpert – und prompt auf Zeitreise gegangen. Wie das halt so ist: Solche alten Schätzchen stehen mindestens zehn Jahre im Regal, und dann entdeckt man sie plötzlich neu, schaut sie an und stellt sie für die nächsten zehn Jahre ins Regal. Der Comic basiert auf dem gleichnamigen Roman von Alan Dean Foster aus dem Jahr 1978, der ersten richtigen Fortsetzung der Star Wars-Filmgeschichte, welche sich wiederum irgendwo bei mir im Keller versteckt hat. Gerade unter dem Aspekt des „Da wartet doch noch so viel mehr!“ finde ich dieses frühe Sequel der Todesstern-Sprengung ziemlich interessant. Und in der Rückschau mit mehr als 40 Jahren Distanz auch ein gutes Stück augenöffnend.
Während ich so durch Luke Skywalkers neue Abenteuer blättere, erlebe ich doch einige Überraschungen. Die umso größer ausfallen, wenn ich bedenke, was in den neun Saga-Filmen rund um die Skywalkers bislang so passiert ist. Foster siedelt seine Handlung auf einem nebligen und schlammigen Dschungelplaneten namens Mimban an, wo das Imperium in großem Stil Bergbau betreibt. Prinzessin Leia Organa und Luke Skywalker sind gerade auf dem Weg, um neue galaktische Allianzen zu schmieden. Da spielen die Maschinen ihrer Raumschiffe verrückt, die beiden Helden stürzen auf besagtem Planeten ab – und durchlaufen fortan den bewährten Zyklus einer Pulp-Erzählung von Entdeckung, Gefangennahme, Flucht und finaler Konfrontation.
Vor langer Zeit im wilden, wilden Westen
Was sofort auffällt: Foster bleibt mit seiner Geschichte in dem erzählerischen Rahmen, den der erste Star Wars-Film gesetzt hatte. Die Welt Mimban ist zwar bedeckt von einem Dschungel und nicht von einer Wüste. Doch das Bergarbeiter-Städtchen, in dem unsere Helden landen und schließlich in den Knast gesteckt werden, ähnelt perfekt einer klassischen Western-Stadt. Da gibt es einen korrupten Sheriff in Form eines imperialen Statthalters, ein Gefängnis mit Schwedischen Gardinen, eine Kneipe und rauflustige Mistkerle. Was also bereits auf Tatooine mit seiner Cantina funktioniert hat, das funktioniert auch hier. Und sonderlich anders macht es die aktuelle Serie Der Mandalorianer auf Disney+ auch nicht.
George Lucas, der Star Wars-Schöpfer und Anfang 1977 noch jungfräuliche 32 Jahre alt, ist sich nicht so ganz sicher, dass der Film, den er da bald unter großen Schmerzen ins Kino hieven will, so ein großer Erfolg wird. Schließlich zeigen sich selbst seine filmemachenden Kumpels eher befremdet von der Story rund um Prinzessinnen und Dunkle Lords im Weltraum. Vom Studio, das den Schmu finanzieren darf, ganz zu schweigen. Also schmiedet er einen Plan B: Sollte der Streifen an den Kinokassen wirklich eingehen, konnte sich Lucas wenigstens eine billig runtergekurbelte Fortsetzung fürs Fernsehen vorstellen. Dann wären die „Geburtswehen“ des Sternenkriegs nicht ganz umsonst gewesen.
Lucas nimmt sich also den Autor Alan Dean Foster zur Seite, der bereits die Roman-Version von Star Wars schreiben soll. Und er beauftragt ihn, eine weitere Geschichte zu verfassen, die als Grundlage für die angedachte Billig-Fortsetzung taugen könnte. Damit sind auch schon die Rahmenbedingungen gesetzt. Foster muss sich eine Handlung ausdenken, die keine teuren Setpieces beinhaltet, idealerweise Kulissen aus dem ersten Film wiederverwenden kann – und auf Han Solo verzichtet, denn Harrison Ford hat damals zunächst nur für einen Auftritt unterschrieben. Foster kann es sich trotzdem nicht verkneifen, mit einer kleinen Raumschlacht in die Story einzusteigen. Doch Lucas streicht die teuren Spezialeffekte gleich wieder aus dem Skript. Ideale Ausgangsbedingungen für ein mitreißendes neues Abenteuer in der weiten, weiten Star Wars-Galaxis, oder nicht?
Ideenklau auf Endor
Bei der Neusichtung des Buchs muss ich doch mehrere Male kurz innehalten und schmunzeln. Denn die Handlung beschert mir mehr als ein Déjà vu: Da taucht einiges auf, was man als Star Wars-Fan so oder so ähnlich aus den Filmen (wieder-)erkennt, die in den nächsten Jahren nachfolgen sollten. Was das wäre? Nun… Das fängt eigentlich direkt nach der Bruchlandung unserer Protagonisten an. Luke und R2-D2 krachen in X-Wing und Sturzflug durch ein Dschungel-Unterholz. Woran erinnert uns das? Doch mehr noch: Auch Leia und C-3PO kommen recht unsanft herunter. C-3PO schaut sich um, befürchtet eine einheimische Gefahr, worauf Leia entgegnet, dass der Blechkamerad nicht der „Verdaulichste“ von beiden ist. So weit, so Dagobah. Doch auch Endor lässt grüßen: Bei einem Trip durch den Wald gehen unsere Helden wortwörtlich den einheimischen Coways ins Netz. Soll heißen: Die Dschungel-Aliens haben in bester Ewok-Manier Fallen ausgelegt.
Die Coways sind zwar keine Plüschbären, sondern Humanoide im Lendenschurz. Aber letztlich sind sie auch ein baumkuschelndes Naturvolk, das den Herrn Skywalker erst zum Zweikampf gegen den Stammes-Champion herausfordert, ihn aber nach bestandener Prüfung ziemlich dufte findet und zum Festessen einlädt. Ehrensache, dass die Coways den Rebellen bei der finalen Auseinandersetzung mit den imperialen Truppen hilfreich zur Seite stehen. Fehlen eigentlich nur noch ein unvollendeter Todesstern im Orbit von Mimban und ein Bunker mit einem Schutzschildgenerator. Es drängt sich einem die Frage auf, ob Star Wars-Schöpfer George Lucas hier schon Ideen für spätere „echte“ Fortsetzungen an Foster weitergegeben hat. Oder ob Foster eigene Ideen aufbrachte, bei denen sich Lucas später großzügig bedienen sollte. Oder ob die Nummer in beiden Fällen nicht einfach dreist von Flash Gordon geklaut wurde, aber ok, das ist eine andere Geschichte.
Von Yuzzems und Yuzzums
Jedenfalls gibt es noch eine Parallele zu der Rückkehr der Jedi-Ritter, auch wenn sich diese erst beim Blick in das Making-of zum Film und vielleicht auch bei Ansicht der Special Edition aus den 90ern erschließt: Luke und Leia landen auf Mimban in besagtem Knast und treffen dort auf zwei Yuzzems. Da klingelt nichts? Nun gut, nicht schlimm, deshalb schauen wir genauer hin. Zunächst einmal: Die Yuzzems sind große und aggressive und vollkommen bepelzte Viecher mit immenser Körperkraft. Also quasi Ersatz-Wookiees. In späteren Star Wars-Publikationen wurden sie sogar zu Verwandten der laufenden Bettvorleger erklärt. Wie das übrigens auch zeitweise mal mit den kleineren, aber ebenfalls bepelzten Ewoks gemacht wurde, nämlich in den Marvel-Comics aus den 80ern, aber auch das ist eine andere Geschichte.
Auffälliger ist aber die Namensgleichheit der Yuzzems zu den Yuzzums: Bei Letzteren handelt es sich um eine Alien-Rasse, die ursprünglich in Rückkehr der Jedi-Ritter auftauchen und dort gemeinsam mit den Ewoks gegen das Imperium kämpfen sollte. Die Yuzzums waren als Spezies mit langen dürren Beinen entworfen worden, was sich allerdings mit der Tricktechnik auf dem Stand der frühen 80er schwer umsetzen ließ. Was wiederum nicht heißt, dass die Idee in den Müll wanderte: In der Special Edition der Rückkehr der Jedi-Ritter sollte schließlich ein computeranimierter singender Yuzzum einen markanten Auftritt im Palast von Jabba the Hutt haben.
Ach, und da wir gerade bei Ideen-Recycling sind: Das beherrschte nicht nur Lucas, das kann auch Disney. Jedenfalls taucht der Planet Mimban im Spin-off-Film Solo – A Star Wars Story wieder auf. Nur hat sich die Dschungelwelt dort in einen Schlamm-Planeten verwandelt.
Kaiburr oder Kyber?
Um den Ideen-Fundus noch voll zu machen: Unsere Helden treffen auf Mimban die machtsensitive Halla. Das ist eine ältere Dame in Jedi-Kutte und mit Jedi-Fähigkeiten, die sich aber wenig Jedi-mäßig verhält. Jedenfalls ist sie schnell dabei, Imperiale niederzustrecken und Verbündete zurückzulassen, wenn es notwendig ist. Halla geht mit Luke und Leia auf die Suche nach dem „magischen“ Kaiburr-Kristall, der die Machtfähigkeiten einer Person steigern kann. Kommt auch bekannt vor, denn das Konzept wurde später mit den ähnlich klingenden Kyber-Kristallen fortgesetzt. Die finden als Kernstück in Laserschwertern Verwendung und genauso in Superwaffen wie dem Todesstern-Laser. In Rogue One etwa besucht der Zuschauer den Mond Jedha, der vom Imperium besetzt ist, weil dort Kyper-Kristalle abgebaut werden.
Bemerkenswert ist an Die neuen Abenteuer des Luke Skywalker nicht nur das Drumherum. Geradezu drollig fällt aus heutiger Sicht das Verhältnis des Heldenpärchens aus. Wie das nun mal so ist, wenn Held und Heldin allein an einem verlassenen Ort stranden: Man kommt sich näher, entweder mangels attraktiver Alternativen oder aus schlichter Langeweile. Naja, jedenfalls geht es dem Herrn Skywalker und dem Fräulein Organa nicht anders. Wie wir aus dem Krieg der Sterne wissen, liefert das Hologramm von Jung-Leia, das an Obi-Wan gerichtet war, überhaupt erst den hormonellen Anstoß, damit Teenie-Luke auf große Abenteuerfahrt geht („Wer ist sie? Sie ist wunderschön!“). Und so ist auch die literarische Fortsetzung von leichten erotischen Spannungen zwischen den beiden geprägt. Dass Luke und Leia eigentlich Geschwister sind, das war dem Herrn Foster zu diesem frühen Zeitpunkt noch nicht bekannt. Und wie wir wissen, hatte Komponist John Williams damals dasselbe Problem…
Out of Character!
Wie gesagt: Wir befinden uns im Jahr 1978, und außer einem Film gibt es noch nicht viel mehr zu wissen in Sachen Star Wars. Trotzdem fällt die Charakterisierung unserer ikonischen Helden – ob nun auf der hellen oder der dunklen Seite – in der Fortsetzung leicht „out of character“ aus. Nur zur Erinnerung: In Krieg der Sterne ist Luke ein naiver Bauernlümmel, der noch nicht viel von der Galaxis gesehen hat außer Sand. Statt Heldentaten treibt der sich lieber mit seinen Freunden in der Tosche-Station herum und fährt Speeder-Rennen. In seinen neuen Abenteuern mutiert er aber plötzlich zum intergalaktischen Kosmopoliten. Zunächst mal: Der Mann kann schwimmen! Und Prinzessin Leia nicht. Merkwürdig, oder?
Die Höchstwohldurchlauchtigste ist als Aristokratin sicherlich viel herumgekommen in der Galaxis, aber schwimmen gelernt hat sie nie. Luke dagegen ist auf einem Wüstenplaneten groß geworden, wo man Feuchtigkeit mühsam aus der Luft filtern muss, aber Wasser-Akrobatik ist für ihn kein Problem. Übrigens findet sich hier ein Widerspruch zu einem der frühen Marvel-Comics von Archie Goodwin aus dem gleichen Jahr: In Ausgabe 15 drängt Leia ihren Begleiter Luke zu einem Sprung ins Nass – und der beschwert sich, weil er nicht schwimmen kann, wie er betont.
Als Leia dumm wurde…
Naja, jedenfalls fängt unser schwimmender Held erst mal an zu dozieren, als Luke und Leia auf die Überreste einer unterirdischen Stadt treffen. Leia findet diese, da ist sie ganz Frau, einfach nur schön und fragt sich, ob die einheimischen Coways dahinter stecken. Doch Luke belehrt sie wie selbstverständlich: „Das Ästhetische war nie das Hauptanliegen primitiver Völker.“ Donnerwetter, das muss ihm wohl Tante Beru beigebracht haben. Yuzzem spricht er übrigens auch, was er wohl von Onkel Owen gelernt hat. Apropos Leia: Es fällt auf, dass von der streitbaren Prinzessin mit den Haaren auf den Zähnen nicht viel übriggeblieben ist. In Die neuen Abenteuer des Luke Skywalker reduziert sich ihre Rolle auf die der Damsel in Distress, die erstens nicht ganz helle ist und zweitens behütet und gerettet werden muss.
Einzige Ausnahme am Schluss: Da nimmt sie mal das Lichtschwert zur Hand und stellt sich Vader – eine Vorahnung darauf, dass sie künftig auch eine Jedi in spe werden soll?
Der dunkle Tollpatsch
Ach ja, Vader… Der dunkle Lord… Der darf hier natürlich als ultimativer Endgegner nicht fehlen. Als er davon erfährt, dass sich der Zerstörer des Todessterns auf Mimban befindet, macht er sich sofort auf die schwarzen Socken. Nach seiner Ankunft übernimmt er das Kommando über die imperialen Truppen und haut mit dem Lichtschwert erst mal inkompetente Offiziere in der Mitte durch. Ja, so kennt man den späteren / früheren Anakin Skywalker. Aber sobald es dann an die finale Auseinandersetzung geht, lässt sich Darth Vader prompt von Leia anschießen – also nichts von wegen „Blasterschüsse mit dem Lichtschwert parieren“ – und bläst zum Rückzug. Später beim finalen Lichtschwertkampf lässt er sich von Leia nochmals verwunden, bevor Luke ihm gleich den ganzen Arm abschlägt.
Doch es kommt noch besser: Vader stolpert über seinen eigenen Arm und fällt in einen Abgrund. Nein, so tollpatschig und machtlos kennt man ihn nicht, den dunklen Lord der Sith. Hübsche kleine Randnotiz: Vader benutzt in der Geschichte ein blaues Laserschwert. Hat der mit Luke getauscht? Übrigens: Die tödlich getroffene Leia wird am Ende mit Hilfe des Kaiburr-Kristalls geheilt. Da klingen bereits die heilenden Seiten der Macht an, die zuletzt in Der Aufstieg Skywalkers so kräftig kritisiert worden sind.
Legendenbildung
Das alles liegt heute 42 Jahre zurück. Die neuen Abenteuer des Luke Skywalker sind als Buch erschienen, später als Comic, doch den Weg in die Kinos fanden sie nie. Der Krieg der Sterne, den wir heute als Episode IV: Eine neue Hoffnung kennen, wurde ein immenser Erfolg und versetzte seinen Schöpfer George Lucas in die Lage, den Kampf guter Rebellen gegen das böse Imperium als Trilogie fortzusetzen. Alan Dean Fosters Buch war zwar die erste „richtige“ Fortsetzung des Sternenkriegs und zählte einige Jahrzehnte zum sogenannten Expanded Universe. Doch heute ist es nicht mal mehr Teil des Star Wars-Kanons, weil Disney derlei Storys nach der Übernahme von Lucasfilm kurzerhand zu „Legenden“ erklärt hat.
Die neuen Abenteuer des Luke Skywalker kam als Roman im Jahr 1978 auf den Markt. Im Original hieß das Buch Splinter of the Mind’s Eye – insofern kann man nur rätseln, ob der deutsche Übersetzer wohl Die neuen Leiden des jungen W. von Ulrich Plenzdorf im Hinterkopf gehabt hatte. Die neuen Abenteuer markierten zusammen mit dem Star Wars Holiday Special von 1978 und den ersten Marvel-Comics von 1977 den Auftakt zum Star Wars Expanded Universe. Also das Gefüge aller Sequels und Prequels rund um den Krieg der Sterne. In Deutschland kamen die neuen Abenteuer im Juli 1978 auf den Markt – nachdem im Februar der Krieg der Sterne in den deutschen Kinos gestartet war. Im Dezember 1996 wurde das Buch unter dem neuen Titel Skywalkers Rückkehr neu aufgelegt. Was insofern verwundert, als dass im gleichen Jahr die Comic-Adaption unter dem alten Titel auf den Markt kam.
In bester Pulp-Tradition…
Das ist auch aus heutiger Sicht ein bisschen schade. Die neuen Abenteuer des Luke Skywalker ist zwar recht anspruchslose, ja sogar naive Unterhaltung und hat spannungsmäßig auch den einen oder anderen Hänger. Aber es fällt auch sofort auf, wie gut sich diese frühe Fortsetzung in den Star Wars-Reigen eingefügt hat und das auch immer noch tut. Denn einerseits besitzt sie durchaus die Atmosphäre, die auch Star Wars selbst auszeichnete, indem sie locker-flockig mit Versatzstücken wie Westernmotiven und der Macht hantiert. Und andererseits erinnert sie ein wenig an die alten Pulp-Geschichten à la Flash Gordon und Buck Rogers, die bekanntlich Pate gestanden haben für den Krieg der Sterne.
Der Leser wird anno 1978 keine tieferen Erkenntnisse über die Star Wars-Galaxis erlangt haben. Er lernte einen Dschungelplaneten kennen und erfuhr ein wenig mehr über die Umtriebigkeiten des Imperiums. Insofern durfte er noch zwei weitere Jahre bis zu Das Imperium schlägt zurück darüber grübeln, was es denn wohl mit dem „Kaiser“ und Luke Skywalkers großer Bestimmung auf sich hatte. Macht aber nichts. Man muss es auch so sehen: Je weniger die Fans damals noch über den Sternenkrieg wussten, umso geringer war sicherlich auch ihre Anspruchshaltung. Ist doch auch was…