Seit Jumanji sind 23 Jahre vergangen. Ist es nicht viel zu spät für eine Fortsetzung? Jumanji: Welcome to the Jungle zeigt, wie die passende Antwort aussieht.

Jetzt müssen alle mal ganz stark sein. Ich schreib´s gleich, ich schreib´s gleich…
Penis! (hihihi!)
Uff, nun ist es raus.

Jumanji: Welcome to the Jungle Blu-Ray Steelbook
Perfekt getarnt: Da tauchen doch Dwayne Johnson & Co. aus dem Dschungel auf – oder in den Dschungel ab. Die Rückseite des Steelbooks zum Film ist jedenfalls fast besser als die Vorderseite.

Warum ich hier mit dem männlichen Geschlechtsorgan um die Ecke komme? Jumanji: Welcome to the Jungle macht sich einen kleinen Spaß daraus, den Penis-Witz als solchen in verschiedenen Variationen immer mal wieder in seine Gagparade einzustreuen. Doch keine Angst, das klingt vielleicht obszön, ist es aber nicht. Vielmehr gelingt es der Jumanji-Fortsetzung, den Topos „Penis“ so unermüdlich und entwaffnend unschuldig abzuhandeln, dass es einfach funktioniert. Das wird besonders am  Beispiel von Teenager Bethany deutlich, die in der Jumanji-Fantasiewelt im Körper von Jack Black feststeckt und geradezu begeistert die Vorteile ihres / seines neuen Körperteils entdeckt.

Baustein für Baustein

Das genitale Detail (Penis! Hihihi!) zeigt ganz gut, wie Jumanji an seine Fortsetzungsaufgabe herangeht: erfrischend gut gelaunt und geradezu unbekümmert. Welcome to the Jungle besteht aus den typischen Versatzstücken eines altmodischen Teenie-Abenteuer-Körpertausch-Fantasy-Streifens. The Goonies meets Big meets Breakfast Club meets… nun ja, Jumanji Teil 1. Heißt in der Praxis: Eine Gruppe amerikanischer Teenager findet sich in einem Fantasieland wieder, hat dort zahlreiche Abenteuer zu bestehen, wächst über sich selbst hinaus und findet somit letztlich zu sich selbst. Dabei steckt jeder Teenie noch in einem „virtuellen“ Charakter, der das genaue Gegenteil seines eigenen Charakters darstellt – Selbstreflexion vorprogrammiert.

Jumanji: Welcome to the Junge Blu-Ray Steelbook
Die Vorderseite ist etwas konventioneller gestaltet: Das Steelbook zu Jumanji: Welcome to the Jungle versprüht allerdings schon ein bisschen Abenteuer-Flair – oder Abenteuer-Klischees, wie man es nimmt. Unterhaltsam ist es allemal.
Level für Level

Dieses ganze Konglomerat wird in ein klassisches Abenteuersetting mit Dschungel, wilden Tieren, ekligen Insekten, dunkeläugigen Bösewichtern und fantasievollen Kostümen versetzt, an dem selbst Indiana Jones seine wahre Freude gehabt hätte. Und das alles folgt auch noch dem Prinzip eines Computerspiels, indem Level auf Level immer neue Herausforderungen warten, nur durch kurze Charaktermomente unterbrochen. Was nun aber auf dem Papier sehr konstruiert klingen mag, funktioniert im Film erstaunlich gut. Das ganze Treiben wird nicht moralinsauer, sondern fluffig-leicht und rasant präsentiert – und mit einer Reihe spaßiger Ideen angereichert. Etwa in der Tanz-Kampf-Szene von Teenager Martha.

Schauspieler für Schauspieler

Für die Schauspieler ist so ein Streifen natürlich eine dankbare Aufgabe. Das bekannte Quartett in Gestalt von Dwayne Johnson, Jack Black, Kevin Hart (ausnahmsweise mal nicht nervig) und Karen Gillan (blutdrucksteigernd!) geht gutgelaunt zu Werke und kokettiert mit der Idee, dass eigentlich verhuschte Teenager in den jeweiligen Körpern stecken. Alles in allem wirkt Jumanji: Welcome to the Jungle zunächst vielleicht als viel zu späte Fortsetzung eines 23 Jahre alten Films und somit als völlig überflüssig. Aber der Streifen schert sich gar nicht erst um sein altes Erbe (mit einer Ausnahme, indem einmal kurz Robin Williams gehuldigt wird), sondern macht einfach sein Ding. Und das mit Bravour. Insofern trotz zwei Stunden Laufzeit ein sehr kurzweiliges Vergnügen und im Popcorn-Kino-Fortsetzungs-Reigen auch eine positive Überraschung.

Penis! (hihihi!)

Jumanji: Welcome to the Jungle und Jumanji: The Next Level
Der nächste Level: Was geschieht, wenn ein Film erfolgreich ist? Genau, er erhält eine Fortsetzung. Das ist mit Jumanji: The Next Level geschehen, der Ende 2019 ins Kino kam. Doch das ist eine andere Geschichte.

In Kürze: Auf dem Papier vielleicht reichlich konstruierte und viel zu späte Fortsetzung. Auf der Leinwand aber eine kurzweilige und gut gelaunte Teenie-Abenteuer-Sause mit funktionierenden (Penis-)Gags. Hübsche Überraschung im Sequel-Reigen.
Bewertung: eigentlich 7 / 10, aber hat schlicht Spaß gemacht, also: 8 / 10

3 comments

  1. Sehr schöner Artikel, trifft fast genau meinen Seheindruck.

    Nur noch ein paar kleine Anmerkungen:
    Das Timing für das Sequel fand ich gerade das Gute daran. Wer „damals“ das Original in den 90ern gesehen hat (Kirsten Dunst ♥), der war gut 22 Jahre später vielleicht schon in der beginnenden „Midlife-Crisis“. Sicher, damit ist man nur ein ganz kleiner Teil des Zielpublikums – aber auch einer derjenigen, der viele Anspielungen überhaupt erst sehen kann.

    Am Anfang im „Dschungel“, die Nebenfigur als Sprechrolle, mit den geskripteten Dialogen und Abläufen, wie im Adventure-Game. Die „Menüs“ mit Charakterpunkten in bestimmten Fähigkeiten, Special-Moves der Figuren, 3-Lives-left-Balken (und deren konsequenter Einsatz, Stichwort Stampede ☻) und schon der Soundeffekt beim Respawn… wie in der guten alten Zeit.

    Allein, wie das total gefährliche, „verfluchte Brettspiel“ am Anfang einfach links liegen gelassen wird – und deshalb sich selbst ein Update zur Spielekonsole verpasst, und sich den „Player 1“ holt. Um dann, nur ein paar Jahre später, schon wieder total veraltet zu sein. Irgendwie scheint das auf der Meta-Ebene auch ein (gewollter?) Kommentar darauf zu sein, dass es einfach nicht mehr möglich war, sich zu Nahe am Original, „dem Erbe“, zu halten?

    Sehr genial fand ich natürlich auch die Dance-Fight-Szene, mit perfekter Musik-Untermalung, den perfekt-tumben-Klischee-Bösewichtern und der absolut perfekten Hauptdarstellerin (Karen Gillan ♥♥♥). Und bei wem mit „Baby I love your way“ in der Version von Big Mountain kein 90er-Jahre-Feeling aufkommt, der – hat damals wahrscheinlich noch gar nicht gelebt! ☺

    Von mir: 8,5 von 10 (mit Nostalgie-Bonus des Computer-Nerds: zu 9 tendierend).

    (und noch etwas „ausser der Reihe“: Sagt hier jemandem der Username „Tiggs“ etwas? Falls ja, wäre es toll wenn er mich kurz kontaktieren könnte… fetten Dank! kann per Mail aber erst abends antworten)

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