Mit wunderbarer Unregelmäßigkeit kommt es vor, dass ein „Produkt“ auf den Markt geworfen wird und die ganze Branche umkrempelt oder beeinflusst. So etwas nennt man in der Regel Meilenstein.
Solche Meilensteine gibt es in jedem Bereich des Lebens, also auch der in Popkultur. Zum Beispiel Nirvanas Nevermind (Musik), Krieg der Sterne (Film), Der dunkle Ritter kehrt zurück (Comic) oder Herr der Ringe (Buch). Alle haben ihre Bereiche maßgeblich beeinflusst. Aber da fehlt doch was? Genau, die TV-Serie. Und in diesem Bereich hat eine Serie das beliebte Sitcom-Genre für immer verändert: Friends!
ACHTUNG! SPOILER ZUR SERIE SIND IM BEITRAG VERSTREUT!
Am Anfang war die Idee
Im Jahr 1993 hatten die Autoren David Crane und Marta Kauffman wohl nicht damit gerechnet, dass der Serien-Pitch – die Vorstellung des Konzepts – zu Friends eine beinahe unvergleichliche Erfolgsgeschichte nach sich ziehen würde. Aber der Sender NBC zeigte Interesse und ein Jahr später lief die erste Folge über die amerikanischen Bildschirme. Dabei war das Konzept unglaublich simpel: sechs Freunde in der Großstadt und ihre Eskapaden im Privaten und Beruflichen. Für jeden Typ von Zuschauer war ein entsprechender Charakter dabei:
- Rachel Green (Jennifer Aniston) – hübsch, süß, verwöhnt, Schulfreundin von Monica
- Monica Geller (Courteney Cox) – organisiert, Zwangsneurose, gewichtige Vergangenheit
- Phoebe Buffay (Lisa Kudrow) – verrückt, unberechenbar, Herz am rechten Fleck
- Joey Tribbiani (Matt LeBlanc) – naiv, sehr naiv, Schauspieler, Frauenheld
- Chandler Bing (Matthew Perry) – Witzbold, unsicher und was war noch sein Job?
- Ross Geller (David Schwimmer) – treudoof, Nerd, Bruder von Monica
Eine Konstellation, mit der sich wohl jeder Mittzwanziger irgendwie identifizieren konnte. Aber auch Ältere, die bereits aus dieser Phase des Lebens entkommen konnten, saßen gebannt vor den Bildschirmen. Und nicht nur die. Auch Jugendliche, die noch den großen Schritt in die Erwachsenenwelt vollziehen mussten – und so manche Anspielung nicht immer verstanden – fanden Gefallen an der Serie.
Für Jung und Alt
So, oder so ähnlich war es damals bei uns. Im schwierigen Alter, im Übergang von Schule zur ersten echten Arbeit, war Friends so etwas wie der Blick in die Kristallkugel. Und trotz aller Rückschläge, die die Freunde immer mal wieder erleiden mussten, insgeheim wünschte man sich schon, später solche Freunde wie die Friends zu haben und sein Leben so zu leben. So oft wie möglich versuchten wir die neuen Folgen in großer Runde zu sehen. Sicherlich ein kläglicher Versuch, die Konstellation der Serie heraufzubeschwören. Denn ganz ehrlich, das reale Leben verläuft dann doch anders, als es jede Fernsehserie darstellen möchte.
Großer Erfolg bedeutet nicht zwangsläufig, dass man ihn wiederholen kann. Die Friends-Darsteller mussten das fast alle am eigenen Leib erfahren. Während der Serie hatte so mancher von ihnen Rollen in Filmen ergattern können. Mit mehr oder weniger Erfolg.
Nach Ende der Serie wurde es allerdings problematischer. Während sich Jennifer Aniston bis heute ganz gut im Filmgeschäft hält, hatten ihre Mitstreiter es etwas schwieriger. Jeder von ihnen konnte zwar unzählige Gastrollen bekommen, aber Hauptrollen oder eigene Serien waren rar gesät.
Oberflächlich gesehen, mögen Lisa Kudrow und David Schwimmer die größten Hürden nach Friends genommen haben. Der ganz große Hit blieb bei beiden aus. Allerdings hat sich Schwimmer erfolgreich als Regisseur etabliert.
Matt LeBlanc bekam sein Friends Spin-Off Joey, dieses wurde jedoch während der zweiten Staffel wieder abgesetzt. Danach wurde es ruhiger, bis er 2016 als Co-Host die britische Erfolgsshow Top Gear bereicherte.
Courteney Cox und Matthew Perry hatten nach Friends wohl am ehesten eine Karriere. Während sich Cox durch 4 Scream-Filme und ihre eigene Serie Cougar Town schauspielerte, bekam Perry immer wieder die Möglichkeit eigene Sitcoms zu tragen. Zwar nie mit vergleichbarem Erfolg wie bei Friends, aber trotz einiger Suchtprobleme blieb Perry dem Fernsehpublikum ein Begriff.
Wahre Freundschaft auf dem Bildschirm
Der wohl größte Pluspunkt der Serie – und maßgeblich am Erfolg beteiligt – war sicherlich die Auswahl der Darsteller. Jeder Einzelne hatte zwar bereits Erfahrung im Film- und Serienbereich, aber viel mehr als kleine Nebenrollen konnte bis dahin keiner von ihnen ergattern. Die denkwürdigsten frühen Auftritte dürften wohl Jennifer Anistons Rolle in Leprechaun, Courteney Cox‘ Bühnentanz im Musikvideo zu Bruce Springsteens Dancing in the Dark und Matt LeBlancs kurze Auftritte als Kelly Bundys Freund in Eine schrecklich nette Familie sein. Die Chemie zwischen den Figuren stimmte von der ersten Minute, und als Zuschauer kaufte man ihnen die langjährige Freundschaft sofort ab. Wie es zu diesen Freundschaften kam, wurde ausführlich in den zehn Staffeln behandelt, welche so manche Überraschung enthielten.
Der Erfolg der Serie lockte natürlich auch andere Darsteller an, die mit ihrer Präsenz glänzen wollten. Darunter nicht nur Hollywoodgrößen, sondern auch Darsteller, die in den folgenden Jahren noch groß rauskommen sollten.
Während Brad Pitt, Tom Selleck, Bruce Willis, Charlie Sheen, Susan Sarandon, Julia Roberts, Jeff Goldblum und Winona Ryder (um nur einige zu nennen) bereits vorher einen gewissen Status hatten, so starteten andere erst danach richtig durch: Jon Favreau, Paul Rudd, Giovanni Ribisi, Anna Faris, Dakota Fanning und viele mehr sind heute bekannte Gesichter.
In der Retrospektive bietet Friends damit ein ganzes Füllhorn an Überraschungen. Nicht nur auf Seiten der Story und Gags, sondern eben auch durch die Beteiligten. Manchmal kommt man aus dem Staunen nicht mehr heraus. Heute kaum noch vorstellbar.
Das Ende ist nah…
Wo Licht ist, ist natürlich auch Schatten. So manche Entwicklung gefiel uns als Fans im Serienverlauf nicht wirklich – wer erinnert sich noch an die Sache mit Rachel und Joey? Wir waren froh, als die meisten nach ein paar Folgen wieder rückgängig gemacht wurden. Mit dem Einzug des Internet ins normale Leben stellten wir fest, dass wir mit diesen Gedanken nicht alleine waren. Und auch die Kreativen hinter der Serie mussten das erfahren haben, schließlich änderten sie diese Elemente wieder.
Als im frischen neuen Jahrtausend klar wurde, dass die 10. Staffel das Ende von Friends bedeuten würde, blickten wir auf zehn Jahre zurück, in denen uns diese durchgeknallte Truppe begleitet hatte. In unserem Fall in den Jahren, die unser Leben prägen sollten. Schulabschluss, Ausbildung, erste Arbeitsstelle und die ersten greifbaren Pläne für die Zukunft. Wir hinkten den Friends ein paar Jahre hinterher, aber die Probleme und Schwierigkeiten waren die gleichen. Natürlich lief nicht alles so glatt wie im Fernsehen, aber Parallelen konnten wir immer wieder ziehen. Und das eine oder andere Mal machten die Eskapaden der Friends auch das reale Leben leichter. Eine naive Flucht in die Unterhaltung, aber mit lang anhaltenden Folgen.
… aber auch ein neuer Anfang
In der letzten Folge von Friends hat sich das Leben aller verändert. Sie stehen vor neuen Herausforderungen und der Gefahr, dass das enge Zusammenleben nicht mehr lange Bestand haben wird. Ist es das letzte Mal, dass sie zusammen in das Central Perk gehen? Ein letztes Mal gemeinsam zusammensitzen und rumalbern? So wie sie es die vergangenen Jahre gemacht haben? Man weiß es nicht. Wahrscheinlich nicht, wenn man die Entwicklungen betrachtet, die sich über zehn Staffeln ergeben haben. Die Hoffnung aber blieb, dass sie es aber noch viele Male danach schaffen konnten zusammenzukommen. Das Ende war offen genug dafür (Spoiler! Das Spin-Off „Joey“ machte diese Hoffnung etwas zunichte).
So wie die Friends gingen auch wir damals jeder seinen eigenen Weg. Manche Freunde aus der Zeit habe ich aus den Augen verloren, zu manchen habe ich nur noch sporadisch Kontakt. An ihren Plätzen befinden sich nun andere Personen, oder sie blieben einfach leer. Andere hingegen sind noch da, aber so ist das Leben eben. Es ändert sich stetig, und ob man es glauben mag oder nicht: Friends hat uns ein wenig darauf vorbereitet.
Friends war nicht die erste Sitcom, keine Frage. Auch diese Serie zog Inspiration aus vorherigen Formaten. Aber das Erbe der Friends ist bis heute spürbar. Ich wage zu bezweifeln, dass Serien wie Big Bang Theory, How I met your Mother, Happy Endings und Apartment 23 (um auch hier nur einige zu nennen) in dieser Form möglich gewesen wären, ohne dass Friends den Weg geebnet hätte.
Die Inhalte sind heute natürlich frecher, man wagt mehr und kommt mit mehr durch, aber der Grundgedanke ist bei all diesen Serien ähnlich. Eine zusammengewürfelte Gruppe, durch Freundschaft verbunden, erlebt ihre alltäglichen Abenteuer. Ein wenig holt man sich dadurch das Friends-Gefühl zurück, ganz davon abgesehen, dass die genannten Serien auch ganz eigene Qualitäten haben.
Ein weiteres Vermächtnis ist natürlich auch das hier beschriebene Lego-Set. Dass eine Serie nach mehr als einem Jahrzehnt immer noch in den Köpfen der Leute ist und es ermöglicht, so ein Set zum Verkaufsschlager zu machen, ist erstaunlich. Laut Lego verkaufte sich das Set weit über den Erwartungen. Das schaffen nicht viele andere Marken. Den Erfolg haben das Set und die Serie auf jeden Fall verdient. Mal schauen, wie das Reunion-Special, wenn es denn kommt, ausfallen wird. Aufgrund der aktuellen Weltlage verschieben sich so einige Projekte auf unbestimmte Zeit. Ob es am Vermächtnis der Serie kratzt oder ihr einen noch würdigeren Abschluss verpasst (auch wenn es keine echte neue Folge der Serie sein wird), bleibt abzuwarten.
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